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Schlagwort: Tauchen (Seite 8 von 9)

DIVER’S Indoor Tauchsportzentrum – das Abenteuer geht weiter…

Als wir unsere Geschichte das letzte Mal unterbrachen, war gerade unsere Trainingsmöglichkeit in Form eines Hallenbades abgebrannt, was dazu führte, dass wir in Folge anfingen, unsere eigene Ausrüstung zusammen zu stellen. Und nun die Fortsetzung. Bevor ich jedoch weitermache, ein kurzes Wort der Erklärung. Bisher haben Annette und ich immer separate Beiträge geschrieben, was recht interessant war, da man die Geschichte damit aus zwei Perspektiven sah. Auf der anderen Seite war es aber auch – die gleiche Geschichte. Es gab etliche Überschneidungen, deswegen haben wir beschlossen, die Sache in Zukunft zusammen anzugehen. Sie können unsere Absätze in den einzelnen Beiträgen dadurch unterscheiden, dass derjenige, der als Artikel-Autor genannt ist, in „normaler“ Schrift schreibt, der andere aber kursiv. Also, in dem Beitrag, den Sie gerade lesen, bin ich – Thorsten – es, der in normaler Schrift zu Ihnen spricht. Und wenn es kursiv wird, meldet sich Annette zu Wort. Sag mal „Hallo“, Annette!

Annette: ha-halloooooooooo?!!

Haben alle das Prinzip verstanden? Wenn nicht, dann lesen Sie den ersten Absatz nochmal. Ansonsten weiter im Text… nun war uns also unser „Trainingshallenbad“ abgebrannt und es sah so aus, als würden wir vor Mai keine Möglichkeit haben, ins Wasser zu kommen. Dann jedoch schickte mir eine gute Freundin und ehemalige Kollegin einen Webseitenlink. Sie war auf der Suche nach Hotels in und um München gewesen und hatte dabei etwas entdeckt, das vielleicht etwas für Annette und mich sein würde: das Mercure Airport Hotel München, an dem das „DIVER’S Indoor Tauchsportzentrum“ angeschlossen war. Wenn Sie sich kurz über das Hotel und das Tauchsportzentrum informieren wollen, möchte ich Ihnen diesen Artikel hier im EP-Blog ans Herz legen. Sie erfahren dort alles nötige, das Sie wissen müssen und können Ihren Aufenthalt auch direkt buchen.

Ich hatte mich informiert und festgestellt, dass es bei den ganzen Preislisten beim DIVER’S für uns einen kleinen Pferdefuss gab: nirgendwo war die Rede von einem Tauchlehrer. Und ohne den durften wir nun mal nicht. Nicht mal Indoor. Ansonsten war alles sehr verlockend, bis zu fünf Meter tiefe Becken, gewärmtes Wasser und eine Ausstattung, mit der man das Tarieren, das bei uns beiden noch im Argen lag, üben konnte. Also schrieb ich das DIVER’S an und fragte nach. Ich erhielt prompt Antwort, dass man uns sehr wohl einen Tauchlehrer stellen könnte, der würde aber (natürlich) extra kosten. Wir suchten uns ein Wochenende heraus, zwei Tage tauchen mit einer Übernachtung, zwei Tauchgänge pro Tag. Und wir konnten es kaum erwarten.

Aus der Richtung, aus der wir nach Aufkirchen kamen (von der Autobahn), fährt man zuerst am Mercure Airport Hotel vorbei. Man muss das Gebäude entlang und kommt dann zu einem Parkplatz auf dessen Rückseite. Und dort befindet sich das DIVER’S, respektive der Zugang zu selbigem. Man muss eine Treppe hinab, dann kommt man zur Kasse und zum Tauchshop. An der Kasse bekommt man einen Schrank in der Umkleide zugewiesen. Die Nummer des Schranks dient zugleich als eine Art „Kreditkarte“. Im DIVER’S gibt es eine Bar, wo man Getränke und Snacks zu sich nehmen kann, damit man nicht ständig Geld mit sich herumtragen kann, wird alles, was man trinkt und verzehrt, auf die Schranknummer geschrieben. Bezahlt wird am Schluss. Das ist ungemein praktisch, denn in der Bar darf man sich auch im Neoprenanzug aufhalten.

Als wir ankamen, war unser Tauchlehrer schon da. Wir erfuhren, dass wir nicht allein mit ihm tauchen würden, es würde noch eine Dame für das PADI „Scuba Review“ mitkommen. Selbiges ist ein Auffrischkurs für Taucher, die länger nicht mehr getaucht sind. Urlaubstaucher eben. Es werden verschiedene Lektionen und Übungen wiederholt. Der Tauchlehrer (TL) erklärte uns, dass er sich hauptsächlich um diese Schülerin kümmern würde, wir sollten bei ihm in der Nähe bleiben.

Sehr gut! Perfekt! Ich wollte es ja nicht glauben, aber unser Tauchlehrer in Ägypten deutete ja schon sowas an… es würde uns schnell nerven, immer einen Babysitter dabei haben zu müssen… wer hätte gedacht, dass das doch sooo schnell auf  uns zutraf. Zudem hatten wir beide unsere eigene Ausrüstung komplett und waren natürlich scharf drauf, diese in Ruhe ausprobieren zu können…

Zuerst mal: Umziehen in Badekleidung. Dafür gibt es wie im Schwimmbad getrennte Umkleiden, wo sich der zugewiesene abschließbare Schrank befindet. Dann geht man in die große Taucherumkleide, wo man nach dem Tauchgang sich auch um die Ausrüstung kümmern und diese aufhängen kann.

Dann ging es an die Ausrüstung. Nicht nur die Flaschen – leider hatten wir doch noch nicht alles, was man so braucht. Blei zum Beispiel fehlte uns noch. Aber da waren wir von einer einfachen Überlegung ausgegangen: Wir gehen in Deutschland sowieso nicht ins Freiwasser; nach Ägypten würden wir eigenes Blei nicht mitnehmen (viel zu schwer fürs Gepäck), also warum anschaffen? Man konnte es sich ja ganz einfach leihen. Leider hatten wir keine Erfahrung, wieviel Blei man so braucht. In Ägypten, im erhöhten Salzgehalt des Roten Meeres hatten wir 12 Kilo. Der dortige TL meinte aber am Ende des Tauchtages, dass wir das nächste Mal bestimmt nur noch 10 Kilo brauchen würden. Also wieviel in einem Becken mit Süßwasser? Wir einigten uns letztlich auf 8 Kilo.

Ja. Nicht zu vergessen, dass man uns einen Bleigurt andrehen wollte! Denn das Blei würde uns die Taschen ausreißen! Unverständliche Blicke zwischen uns wurden gewechselt. Thorsten sagte noch diplomatisch: „Das höre ich zum ersten Mal!“ Aber zum Glück stellte es sich als Missverständnis heraus, man hatte überhört, dass wir intrigantes – Verzeihung – integriertes Blei haben wollten…

Dann ging’s los: Zum ersten Mal die eigene Ausrüstung anziehen. Nicht nur zum Probieren, sondern für den „Ernstfall“. Ziehen und zerren war wieder angesagt, doch letztlich standen wir im Neo in den Taucherumkleiden und richteten die Flaschen. Unnötig zu sagen, dass die Handgriffe noch nicht so saßen, noch dazu, da bei Annette die Flasche zischte, als sie die Erste Stufe angeschlossen hatte und aufdrehte. Das Problem erkannte unser TL sofort: der O-Ring, der das Gewinde der Ersten Stufe abdichten soll, war herausgefallen. Aber er fand sich wieder.

Dann Jacket mit Flasche anziehen – und ich musste lernen, dass „Galanterie“ unter Tauchern anders aussieht. Normalerweise würde man sagen, der Mann hilft selbstverständlich der Frau zuerst (zum Beispiel in den Mantel). So tat ich es auch. Dummerweise war es dann so: Annette trug bereits ihre schwere Ausrüstung und musste meine noch dazu hochheben, um mir reinzuhelfen. Besser wäre es umgekehrt gewesen. Aber das sind so die Kleinigkeiten, die man eben als Anfänger noch lernen muss. Beim zweiten Tauchgang machten wir es anders: Wir setzten die Flaschen auf die Bank ab und schlüpften so rein.

Naja… so schlimm ist das ja nicht. Selbst ist die Frau! *ächz… mein Kreuz!

Nachdem man also vollbepackt ist, geht es nun zu den Tauchbecken. Die Umkleide befindet sich im Untergeschoss. Hier kann man über Fenster in die Becken schauen und den Tauchern, die schon drin sind, zusehen.

Kleine Anmerkung: Überlegen Sie sich, was sie zum „Schwimmen“ tragen, wenn Sie dem Instructor vorschwimmen müssen! (10 min). Warum? Gucken Sie doch vorher mal durch die Fensterscheibe und betrachten Sie die Schwimmer von unten… 🙂

Um selbst in das Becken zu kommen, musste man nach oben, über eine Treppe. Wenn man das nicht gewohnt ist, ist das ganz schön anstrengend. Noch dazu, da oben an den Becken eine gewisse feuchte Schwüle herrschte, bedingt durch das warme Wasser dort. Die Tatsache, dass man im Neoprenanzug dasteht, tut ihr übriges. Wir waren froh, als wir endlich ins Wasser kamen.

Dann passierten zwei Dinge, die nicht so schön waren. Erstens, mein Fotoapparat, den ich dabei und für den ich extra eine bis 40 Meter wasserdichte Hülle gekauft hatte, soff ab. Zweitens, das Tarieren funktionierte nicht.

ups….äh…wo ist denn…ah..der Inflatorschlauch! Mensch, ich kleb am Boden! So viel Atmen kann ich gar nicht um wieder hochzukommen. Also – Luft rein ins Jacket. Jawoll! Und ab zur Oberfläche…….och nöööööööööööööööö!

Der erste Punkt ist schnell abgehandelt: Meine extra fürs Tauchen angeschaffte Kamera stand schon beim ersten Abtauchen im Wasser. Die Hülle war undicht geworden, obwohl ich sie nie zuvor benutzt hatte. Die Kamera ging damit den Weg allen Irdischen. Immerhin blieb der Speicherchip ganz. Deswegen kann ich leider nicht mit Unterwasser-Bildern dienen.

Der zweite Punkt war eine merkwürdige Sache: Wir versuchten das Tarieren, aber es klappte nicht so wie gedacht. Entweder sanken wir zum Grund oder stiegen in Richtung Oberfläche auf. Zudem hatte bei mir die Flasche die Tendenz, nach einer Seite wegzukippen. Eine grade Lage im Wasser bekam ich nur mit Mühe hin und musste mit Muskelkraft gegen die Flasche spannen, was sich dadurch rächte, dass ich nach diesem Wochenende einen fiesen Muskelkater an Rückenmuskeln hatte, die ich vorher noch nie gespürt hatte. Wie wir aber herausfinden durften, hatte das mal wieder mit einem Anfängerfehler zu tun. Zwar saßen unsere Jackets richtig, wir hatten es aber versäumt, die Schultergurte richtig festzuzurren. Die Flasche konnte deswegen zur Seite kippen, weil das Jacket an den Schultern zu viel Spiel hatte und nicht gehalten wurde. Bei späteren Tauchgängen kam das dann nicht mehr vor. Das Tarieren… dazu kommen wir noch.

…irgendwie ist mir komisch.

Die Becken des DIVER’S sind in einer Hufeisenform angelegt. Sie sind mit Wänden abgetrennt, so dass man durch Öffnungen oder Gänge tauchen muss, um von einem zum anderen zu kommen. Wenn es funktioniert, ist das eine gute Übung fürs Tarieren und dafür, ein Gefühl für die Ausrüstung zu kriegen (und zum Beispiel dran zu denken, dass man ja noch die Flasche auf dem Rücken hat, die auch durch die Öffnung passen sollte). In einem Becken dudelt ein Unterwasser-Radio, aber genau gehört habe ich zumindest nicht wirklich was.

Hier ist „Antenne Bayern“ mit den Nachrichten… hääääh?!

Es war mehr eine zusätzliche Geräuschkulisse zu den ganzen anderen Geräuschen. Ein Becken hat Düsen, in denen man das Strömungstauchen trainieren oder auch mal ausprobieren kann, wie sinnlos der Kampf ist, frontal in eine Strömung zu schwimmen. Außerdem gibt es verschiedene Sportgeräte (ja!), so ein „Papierflieger“ aus Metall und eine Frisbeescheibe, die man sich zuwerfen kann, und einen Ball, der mit einem Gewicht beschwert ist. Nachdem das mit dem Tarieren nicht so recht klappen wollte, nahmen Annette und ich uns den Ball – am Grund blieben wir sowieso. Es war ein völlig neues Gefühl, denn durch den Wasserwiderstand musste man die Würfe ganz anders kalkulieren und die eigenen Bewegungen wurden verlangsamt. Ballsport, wie er mir gefällt, muss ich sagen.

…mir ist sogar ganz komisch. Um nicht zu sagen schlecht. KOTZschlecht. Und zwar nicht vom Magen her. Ich weiß jetzt gar nicht, was das soll. Vielleicht war das doch alles ein bisschen viel heute? Ich glaube, ich werde de Tauchgang vorzeitig abbrechen müssen. Vielleicht sollte ich mal was essen… durchhalten, durchhalten, durchhalten…

Schließlich war unser Tauchgang beendet und es ging wieder raus.

GOTT SEI DANK!

Das DIVER’S verfügt im Umkleidebereich über mehrere Becken, in denen man die Ausrüstung säubern kann. Das ist auch hier tatsächlich notwendig, da Chlorwasser nicht eben schonend mit den Sachen umgeht und ab- bzw. ausgespült werden sollte.

Wir hatten dann eine Pause, in der wir (natürlich) über den Tauchgang sprachen und darüber, dass das mit dem Tarieren nicht so recht wollte. Woran mochte das wohl liegen? Und Annette erzählte, dass ihr schwindlig geworden war. In der Tat merkte sie es immer noch, obwohl wir nicht mehr im Wasser waren. Aber wir waren rundum zufrieden mit unserer Ausrüstung. Sie saß gut und funktionierte tadellos. Wenigstens das. Jetzt mussten wir das nur noch richtig hinbekommen.

…mir ist immer noch schlecht. Obwohl ich inzwischen an Land bin und mich sogar hingelegt habe. Und was gegessen hab. Was soll das denn bitte jetzt? Jetzt hab ich eine Ausrüstung, und dann wird mir unter Wasser schlecht? In Ägypten ist mir doch auch nicht schlecht geworden…Das hat mich schon schwer getroffen liebe Leute!

Schließlich machten wir uns bereit, holten neue Flaschen und warteten auf unseren TL. Der kam und verkündete, dass nun ein paar Schnuppertaucher mitkommen würden, denen müsste er erst eine Einführung geben. Wie lange die gehen würde? So etwa dreißig Minuten. Nun sitzen Sie mal dreißig Minuten im Neopren-Anzug in dämpfiger Wärme. Kennen Sie den „Zauberer von Oz“? „Ich schmelze, ich schmelze…“, das sagen Sie dann auch. Also machten wir die Neos wieder auf und warteten ab, bis der TL mit seiner Einführung fertig war.

Der zweite Tauchgang brachte leider nur eine kleine Verbesserung. Hin und wieder gelang es mir, mich auszutarieren, aber dann geschah irgendwas, sei es, dass ich plötzlich an den Flossen Auftrieb kriegte oder die Flasche wieder zur Seite kippte, und vorbei war’s mit der guten Lage. Und Annette hatte wieder das Schwindelgefühl.

Klasse. Und dieses Mal musste ich vorzeitig raus. Es ging nicht mehr. Sonst hätte ich zum ersten Mal probieren dürfen, wie es ist, durch den Regulator zu ko… Das muss ja auch nicht sein. Wieso immer ich? Ich musste doch schon unpassenderweise unter Wasser niesen….

Nachdem wir den zweiten Tauchgang beendet hatten, zogen wir uns um und bezogen unser Zimmer im „Mercure“, das klein aber fein war. Gut, das Badezimmer war mit Tauchausrüstung belagert, aber als Taucher muss man gewisse Abstriche machen. Wir hatten indessen andere Probleme: Woran lag es, dass das Tarieren nicht klappte? Warum mussten wir immer mit der Flasche kämpfen? Und was ist mit Annettes Schwindelgefühl?

SEEHR gute Frage! Nächste Frage. Ich hoffe, dass das am nächsten Tag vorbei ist und es sich hierbei einfach nur um ein temporäres Problem handelt. Ach, und übrigens: Ich höre mal wieder kaum was. Das Problem hatte ich nach Ägypten schon. Gute 3 Monate ist mir mein rechtes Ohr ständig zugefallen. Keiner konnt mir sagen, was das ist. Aber durch aggressives Zuwarten löste sich das Problem von selbst. Aber jetzt ist es wieder da. Kann das sein, dass da jemand nicht will, dass ich tauche? Tzzzzzz… als ob mich solche Kleinigkeiten davon abhalten würden. Thorsten? Rate mal… ich hab…? (Wasser im Ohr!)

Diesen Abend jedoch wollten wir uns nicht von unguten Gedanken verderben lassen. Wir hatten ein „Special“ gebucht, das das Hotel anbot, das „Dinner unter Wasser“, das im Restaurant oberhalb der Becken des DIVER’S stattfinden sollte. Davon und von unserem zweiten Tauchtag wird im nächsten Kapitel berichtet.

Ja! Und ich hatte einen BÄRENhunger. So!

Gedanken zur ersten eigenen Ausrüstung – der Lungenautomat

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass ich blutjunger Anfänger bin und mir keinesfalls anmaße, über Technik zu sprechen oder Empfehlungen zu Lungenautomaten abgebe. Auch hier erzähle ich lediglich, wie ich zu meinem Automaten gekommen bin.

Der Lungenautomat besteht aus erster Stufe, die den Druck der Flasche auf ungefähr 10 bar reduziert. Daran montiert ist die zweite Stufe, die ihrerseits den Druck auf die jeweilige Umgebung anpasst. Ebenfalls sollte (zumindest beim Kauf) der Oktopus (Ersatz-Zweitstufe) dabei sein. So hatte ich das gelernt und so etwas wollte ich haben. Nicht zuletzt aus dem Grund, dass ich etwas eigen bin, was Hygiene angeht. Ständig auf einem Mundstück der zweiten Stufe herumzukauen, auf dem schon Hunderte vor mir herum gekaut hatten, bereiteten mir unangenehme Gefühle.

Auch hier sah ich mich  – wie beim Kauf meines Jackets – vielen Angeboten gegenübergestellt. Und auch die Meinungen diverser Artikel im Internet bestätigten meinen Verdacht: Es war wie beim Jacket. Selbst der bestgelobteste Automat hatte irgendwann mal abgeblasen oder ein Besitzer war aus anderen Gründen nicht zufrieden. Mein Tauchbuddy kannte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Instructor, und er fragte ihn um seine Meinung. Die Antwort war wenig hilfreich, wenn auch beruhigend: Alle Automaten wären tauglich, es gäbe keine Automaten, sozusagen keine „schwarzen Schafe“, was díe Sicherheit unter Wasser anbetrifft.  Also war das hier wohl wieder eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Daraufhin brachen wir wieder zu unserem „Tauchshop-hopping“ auf. In verschiedenen Läden wurden uns die unterschiedlichsten Modell erklärt und gezeigt. Doch nur in einem Tauchshop durften wir die Automaten auch ausprobieren. Dazu holte der Besitzer eine Flasche und ließ uns einfach mal atmen. Das war eine wertvolle Erfahrung. Das Luftholen aus den Automaten sollte immer einfach und ohne Widerstand gehen. Das war bei allen Automaten der Fall. Ich persönlich aber spürte an den Apeks Automaten nochmals einen feinen Unterschied. Ich kann es gar nicht genau in Worte fassen, das Atmen erschien mir „flüssiger“. Es lief wie geschmiert. Ich merkte mir das. An dem Tag kaufte ich mir keinen Automaten. Ich wollte mir die Anschaffung nochmals durch den Kopf gehen lassen.

Um einfach mal die Auswahl und Angebote zu testen, ließ ich mir verschiedene Kataloge von Internetanbietern schicken. Hier konnte ich mir auch mal ein Bild über die unterschiedlichen Preisklassen machen. Schließlich stolperte ich über ein „Komplettset“. Der Firma Apeks. Zu einem – wie will ich sagen – Spottpreis. Hastig überlegte ich. Wie konnte das sein, dass dieses Geschäft den Regler für fast die Hälfte weniger anbot als die anderen Geschäfte? Ich brauchte nicht lange zu suchen: Apeks hatte einen nagelneuen Automaten auf den Markt gebracht, und von daher wurden die Vorgängermodelle billiger. So war es auch. Im Laufe der nächsten Wochen stolperte ich immer wieder über die billigere Variante.

In mir arbeitete es. Es ist zwar nicht die feine Art, etwas in einem Geschäft auszuprobieren, um es dann hinterher im Internet zu bestellen, aber das Angebot war zu verlockend. Schließlich „schlug ich zu“.

Seitdem tauche ich mit dem Apeks XTX 200 und dem Oktopus 40. Ein sehr angenehmes Gerät. Und wenn ich den Aussagen der Tauchlehrer trauen darf, die ich seitdem kennen gelernt habe, habe ich ein goldenes Händchen gehabt.

…und hier meine Tips für Euch:

  1. Ich kann mich nur wiederholen: geht in die Geschäfte und probiert die Automaten aus! Es gibt vielleicht von der Sicherheit keine großen Unterschiede, aber von der Form und vom Gewicht her. Probiert die Mundstücke aus. Ihr habt nichts von einer zweiten Stufe, die zu schwer ist oder anatomisch nicht paßt.
  2. Bei der Auswahl sollte man nicht zu sehr aufs Geld schauen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt eben Glück, dass der Automat runtergesetzt war. Ich hätte mich aber vermutlich trotzdem nicht anders entschieden. Ich hätte nur noch ein bisschen länger sparen müssen. Denkt dran: Der Automat da unten ist Eure Lebensversicherung, und das muß einem das Geld wert sein.
  3. Ihr taucht auch in kälteren Gewässern? Dann achtet unbedingt drauf, dass der Automat „kaltwassertauglich“ ist. Zwar schützt das aufgedruckete Wort „kaltwassergeeignet“ nicht vor dem Vereisen, das kann trotzdem passieren, aber zumindest ist das Risiko deutlich geringer.
  4. Achtet darauf, dass Ihr über die zweite Stufe spielend leicht atmen könnt. Das lernt man bereits in der ersten Tauchstunde, dass das das wichtigste Merkmal eines Automaten ist.

Und ganz zum Schluß: Die einwandfreie Funktion und die Sicherheit des Automaten – egal von welcher Firma –  ist letzlich auch eine Frage der Pflege und der Wartung. Dafür sind wir alle selber verantwortlich, nicht die Firma, die den Automaten gebaut hat.  Die Stufen gehören nach jedem Tauchgang gespült, mit  einem moderatem Wasserstrahl, kein „volles Rohr“. Und die regelmäßige Wartung versteht sich von selbst!

Viel Erfolg!

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Gedanken zur ersten eigenen Ausrüstung: Das Jacket

An dieser Stelle möchte ich meine persönliche Meinung zum Thema „Jacket“ anbringen. Und wie ich letzten Endes die Entscheidung für „mein Jacket“ getroffen habe.

Hat sich der Tauchanfänger entschieden, sich eine eigene Tauchausrüstung zuzulegen, wird er erst mal Informationen einholen wollen. Hat er nicht gerade einen erfahrenen Taucher an der Seite, sondern ist völlig auf sich gestellt, so wie Thorsten und ich, dann wird er versuchen, sich im Internet zu informieren. So jedenfalls haben wir es gemacht.

Doch da ging der Ärger erst los. Im Internet sieht man sich einer Masse von Angeboten gegenübergestellt, von namenhaften Herstellern, und jeder behauptet, seine Jackets wären die Besten. Liest man dann in Erfahrungsberichten, ist man hinterher genauso schlau wie vorher. Jedes Jacket, auch wenn es noch so gelobt wurde, hat doch irgendwo einen Besitzer, der nicht damit zufrieden ist. Zu deutsch: Liest man 100 Artikel, dann hat man 100 Meinungen. Und ist im Endeffekt keinen Schritt weiter.

Ich selber bin blutjunger Anfänger und möchte hier keine Empfehlungen abgeben, weder zu den einzelnen Jackets noch zu der Technik. Das kann ich nicht. Ich möchte nur berichten, was mich zu meiner Entscheidung bewogen hat.

Dazu in aller Kürze die Infos, mit denen ein frisch gebackener Taucher vielleicht etwas anfangen kann:

1. Das ADV Jacket

Das ADV Jacket wird von vielen alten Hasen als „ideales Anfängerjacket“ beschrieben. Ein Allrounder sozusagen. Die Blase des Jackets umfasst fast den ganzen Oberkörper. An der Oberfläche soll das Jacket ohnmachtssicher sein. Die meisten Tauchschulen haben diese Form des Jackets in der Ausbildung.

2. Das Wing Jacket

Das Wing Jacket hat seine Blasen links und rechts neben der Flasche. Im Brustbereich gibt es keine Blasen. Daher wird das Wing Jacket von Tec-Tauchern bevorzugt, die genügend Platz für eine doppelte Ausrüstung haben müssen. Aber auch von Fotografen wird das Jacket genutzt, da es eine stabile Unterwasserlage garantiert und man durch die fehlenden Blasen im vorderen Bereich eine große Bewegungsfreiheit hat. Wenn man ein bisschen stöbert findet man Wing Jackets, die sicherlich für den Tec-Taucher hergestellt wurden, aber es gibt auch Wing Jackets im Sporttauchen. Kritikpunkt des Wingjackets ist die nicht sichere Ohnmachtslage. An der Oberfläche kann es dazu kommen, dass man durch die aufgeblasenen „Flügel“ mit dem Gesicht ins Wasser gedrückt wird. Viele Taucher bezeichnen daher das Wing als ungeeignet für Anfänger und bemängeln die „Umgewöhnung“ vom ADV auf ein Wing.

3. Das Hybrid Jacket

Das Hybrid Jacket ist eine „Mischung“ aus einem ADV und einem Wing. Es ist also ein kleinvolumiges ADV Jacket mit aufgesetzter Wing Blase. Die Nachteile dieses Jackets ergeben sich aus den Nachteilen des ADV und des Wing Jacket. Wenn auch in abgschwächter Form. Insgesamt habe ich häufig darüber gelesen, dass es ein „Jacket für Ambitionierte und Fortgeschrittene“ sei.

Und was nehmen wir jetzt?

Ich bin folgendermaßen vorgegangen:

Ich habe mich zuerst einmal gefragt, wozu ich das Jacket einsetzen möchte. Tauchen – klar. Aber ich war mir auch schon darüber im Klaren, dass ich gerne unter Wasser fotografieren möchte. Also würde ich eine stabile Wasserlage unter Wasser bevorzugen. Ich hätte auch gerne ein Jacket, dass mehr als nur einen Schnellablass hat. Und ich lege Wert darauf, dass an meinem Jacket auch noch ein Fangriemen installiert ist, der meine Flasche zusätzlich sichert, falls doch mal die Schnalle aufgehen sollte. Und es sollten genügend Taschen und D Ringe vorhanden sein.

Soweit war ich schon mal. Jetzt kam die Frage: Wing, ADV, Hybrid?

Was mich persönlich am ADV in der Ausbildung gestört hat, war die „Einengung“, die ich verspürt hatte. Als Anfänger neigt man dazu, das Jacket an der Oberfläche derart aufzublasen, dass die Überdruckventile aufgehen. Schließlich hat man Angst, mit dem Gesamtgewicht der Ausrüstung unterzugehen. So ist das aber nicht. Es reicht, wenn man nur ein wenig Luft ins Jacket läßt. Ich habe diesen Fehler natürlich bei meinem ersten Freiwassertauchgang auch gemacht, und von daher weiß ich, wie unangenehm das sein kann, wenn man von dem Jacket fast erdrückt wird.  Und wie eingeschränkt dann die Bewegung ist. Da ich persönlich viel Freiraum in jeder Beziehung brauche, auch unter Wasser, kam für mich das ADV nicht in Frage.

Hybrid. Hört sich doch gut an. Eine gute Zwischenlösung. Lange hab ich damit geliebäugelt. Ok, da wäre wieder das Problem der Blase, die sich auch vorneherum aufbläst, aber so gravierend wird das nicht sein. Ich konnte mich nicht entscheiden…denn eigentlich wollte ich das Wing. Das Wing hatte alles, was ich wollte, bis auf die ohnmachtssichere Lage. Ich hatte Bammel, dass ich an der Oberfläche ständig mit der Nase im Wasser hängen würde. Aber ich musste eine Entscheidung treffen. Bei näherem Hinsehen fiel mir dann auf, dass jedes Jacket irgendeinen Nachteil hat. Ein perfektes Jacket gibt es nicht. Man muss sich nur entscheiden, mit welchem Nachteil man leben kann.

Und wißt Ihr, für was ich mich letztendlich entschieden habe? Ich tauche mit einem Wing. Als Anfänger. Jawoll!

Und hier die Gründe:

1. Die Bewegungsfreiheit. Hatte ich ja schon erwähnt.

2. Die Umgewöhnung: Welche Umgewöhnung bitte schön? Ich bin Anfänger! Ich habe zwei Tauchgänge mit einem ADV gehabt. Da kann man nicht von „Gewöhnung“ sprechen. Ich muss mich an nichts neu gewöhnen. Das Jacket, das ich kaufe, an das gewöhne ich mich. So einfach ist das.

3. Die Fotgrafiererei: Die Lage unter Wasser ist einfach spitze!

4. Ohnmachtssichere Lage: Hier sage ich nur eins: Wenn ich bewusstlos an der Oberfläche treibe…wo ist mein Buddy? Zudem kann ich nur sagen: Wenn man das Wing an der Oberfläche moderat aufbläst, also nicht derart, dass die Überdruckventile aufgehen, dann bin ich kerzengerade im Wasser. Ohne die Tendenz, mit der Nase im Wasser zu liegen. Ich merke von diesem „Druck“ nichts! Wirklich nichts!

Das waren meine Überlegungen, die mich geleitet haben. Und wie ich feststellen durfte, war meine Entscheidung goldrichtig. Ich liebe mein Jacket! Damit Ihr das Gleiche sagen könnt, gebe ich Euch noch folgendes mit auf den Weg:

1. Geht erst mal unverbindlich in die Tauchgeschäfte und laßt Euch beraten. So haben wir das auch gemacht. Kauft Euer Jacket nicht einfach so im Internet. Man muss es probiert haben. Man muss wissen, ob es paßt. Ob es sitzt. Am Besten ist es, wenn der Tauchladen die Möglichkeit hat, das Jacket auszuprobieren, zB in einem Tauchturm. Oder Ähnlichem. Wir haben sicherlich fünf Tauchgeschäfte abgeklappert und uns alles von vorne bis hinten erklären lassen. Um überhaupt mal einen Eindruck zu kriegen. Die Verkäufer in den Läden sind wirklich nett und hilfsbereit, wir hatten nie den Eindruck, dass uns etwas „aufgeschwatzt“ werden sollte.

2. Fragt Euch, was ihr später mal machen wollt. Fotografieren? Tieftauchen? Nicht jeder hat das Geld, sich jedes Jahr ein neues Jacket zu kaufen, weil man seine Ansprüche geändert hat. Wenn es ein Wing wird, bitte auch nicht übertreiben. Es gibt Wings für Sporttaucher. Wenn man die Tec-Wings anguckt, dann werdet ihr schnell merken, dass DAS sicher kein Jacket für einen Anfänger ist. Zudem macht man sich lächerlich, wenn man mit so einem Wing zu seinem 3. Tauchgang erscheint. Achtet auf Taschen, Schnellablässe, D-Ringe und Fangriemen.

Zum Schluß möchte ich noch bemerken: Kein Jacket ist „wirklich schlecht“. Das Jacket ist nur so schlecht wie derjenige, der damit taucht. Das gilt auch für mich.

Ihr wollt wissen, womit ich tauche? 😀 Ich mache keine Schleichwerbung, aber es ist das „Cressi Back Jac…“

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Fortsetzung folgt… und ein paar Gedanken

Eine kurze Zwischenbemerkung, wie es hier weitergeht: Wir werden die chronologische Reihenfolge ein wenig aufbrechen. Bevor wir zur nächstem „Tauchabenteuer“ schreiten, soll das etwas genauer beleuchtet werden, was wir zwischen dem Urlaub in Ägypten und dem ersten Tauchgang in Deutschlang gemacht haben – eine Ausrüstung anschaffen. Eingestreut in solche allgemeinen Artikel geht unsere Geschichte natürlich weiter. Wer die Artikel dieser Geschichte gesammelt ansehen will, der wähle hier am Rand bei den „Kategorien“ unter „Ausbildungsstufe“ den Punkt „Scuba Diver“.

Und bevor es weitergeht, noch ein paar Gedanken. Annette und ich haben uns, wie wir geschrieben haben, im Internet weiter informiert und sind auf diverse Foren und Webseiten gestoßen. Dabei ging es natürlich auch um die unterschiedlichen Ausbildungsarten, es gibt PADI (deren Ausbildung wir gemacht haben), CMAS, SSI, VDTL… und wie sie alle heißen. Wir haben auch die Kritik gelesen, die an manchen Ausbildungssystemen geübt wird, dass manche quasi „jedem“ das Brevet „nachwerfen“. Meine persönliche Erfahrung ist, dass sowas von jedem selbst abhängt. Sicher hätten wir sofort den „Open Water Diver“ machen können. Dann hätten wir uns einfach Flaschen und Ausrüstung schnappen dürfen und in den nächsten See hüpfen. Und ja, unser Tauchlehrer hat mit der Aussage, dass es uns bald nerven würde, immer nach einem Instructor als Begleitung zu schauen, Recht behalten. Natürlich wäre es toll, sich nicht immer nach so jemandem erkundigen zu müssen. Auf der anderen Seite haben wir aber auch festgestellt, dass es so ganz gut ist, weil nämlich immer noch jemand dabei ist, der einen auf Fehler aufmerksam macht und einem hilft, sich sicherer zu fühlen. Hätten wir den OWD gleich gemacht, wären wir deswegen nicht sicherer oder besser gewesen wie als „Scuba Diver“. Denn Sicherheit kann man nur dadurch gewinnen, indem man tauchen geht. Es ist also sehr wichtig, sich selbst nicht zu überschätzen und zu glauben, nur weil man nun einen Schein (bzw. eine Karte) in der Hand hält, die einem bestätigt, diesen oder jenen Ausbildungsstand zu haben, dass man jetzt wirklich tauchen könne. Es ist wie beim Autofahren, irgendwann hat man den Führerschein und darf allein auf die Straße, aber richtig können tut man es noch nicht. Das Einparken klappt noch nicht so routiniert, man würgt den Motor vielleicht auch mal ab… und genauso ist das mit dem Tauchen auch (mit dem Unterschied, dass man hier keinen Motor abwürgen kann, aber das gehört jetzt nicht hierher).

Wir haben uns mit dem Thema ausgiebig befasst und können uns auch soweit selbst einschätzen, dass wir nichts unüberlegtes tun. Auf der anderen Seite haben wir schon viele Pläne geschmiedet und dann über den Haufen geworfen. Und das sollte nicht besser werden. Davon wird aber auch noch berichtet werden…

Die Zeit von Dezember 08 bis April 09

Anfang Dezember waren wir wieder in Deutschland. Aber das Erlebte in Ägypten hatte uns nachhaltig geprägt. Schon auf dem Heimflug sprachen wir über nichts anderes mehr als über das Tauchen. Und wie sehr uns das gefallen hatte. So beschlossen wir, uns einmal umzuhören und Kontakte zu knüpfen, damit man wenigstens einmal im Monat einen Schwimmbadtauchgang machen könnte.

Zu Hause angekommen berichtete ich jedem, der es hören wollte oder auch nicht, dass ich jetzt unter die Taucher gegangen war. Das wurde von meinen Freunden mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Tatsächlich, der Mann einer Freundin von mir besaß auch den Tauchschein – das wußte ich nicht – aber er hatte das Tauchen nicht weiter verfolgt. Andere wiederum waren gar nicht begeistert von meinem Plan. Da würde doch so viel passieren…

Dem Faß den Boden schlug es aus, als ich erfuhr, dass der Vater des Freundes meiner besten Freundin Tauchlehrer mit eigener Tauchschule war. Dummerweise war der aber schon in Rente. Also hieß es für mich… abwarten. Und hoffen, dass Thorsten etwas finden würde. Den traf ich kurze Zeit später, um Fotos zu tauschen. Und er berichtete mir, dass er tatsächlich jemanden gefunden hatte. Ein Kollege von ihm war Instructor. Und Rettungstaucher. Er versprach uns, uns mit ins Schwimmbad zu nehmen, da dort die Rettungstaucher über Winter trainierten. Das war ja perfekt. Für die Ausrüstung würde auch gesorgt werden. Besser konnte es nicht laufen.

Thorsten und ich sprachen an diesem Nachmittag nochmals über viele Dinge. Wie es der Zufall so wollte, war ich gerade aus dem Urlaub wieder da, da musste ich schon meinen Jahresurlaub für das folgende Jahr eintragen. Ich trug mich wieder im November für zwei Wochen ein. Warum? Weiß ich nicht. Ich machte es einfach. Irgendjemanden würde ich schon finden, der mit mir nach Ägypten gehen würde. Da war es so toll. Da erzählte mir Thorsten, dass er genau die gleichen Wochen angegeben hatte. Auch eigentlich ohne feste Absichten. Wir sahen das als Zeichen. Obwohl wir so gesehen nicht geplant hatten, nochmals zusammen zu verreisen, stand die Entscheidung innerhalb von Sekunden: Wir würden nochmals nach Ägypten fliegen und dort unseren OWD fertig machen. Wir waren Feuer und Flamme.

Soweit stand der Plan. Ägypten November 2009. Bis dahin wollten wir das Gelernte immer und immer wieder üben, damit das richtig saß. Darin waren wir uns einig. Dann überlegten wir… wie war das noch gleich mit der eigenen Ausrüstung? Ich sagte zu Thorsten, dass ich mir einen Tauchcomputer zulegen würde. Das ist ein persönlicher Gegenstand und eine gute Anlage. Irgendwann dann würde ich mir noch einen Lungenautomaten besorgen, denn ständig auf Mundstücken herumzukauen, die schon Hunderte vor mir im Mund hatten, fand ich ekelig. Aber das hatte ja Zeit.

So viel Zeit nun auch wieder nicht. Weihnachten stand vor der Tür. Mein Vater schenkte mir Geld, und noch während ich mir überlegte, wie ich meinen neu erworbenen Reichtum verwalten könnte, fiel mir sofort der Tauchcomputer ein. Schließlich entschied mich mich für den Viper 2 von Suunto. Doch damit war es nicht getan. Eine Freundin schenkte mir ein wunderschönes Logbuch, eine andere ein sehr interessantes Buch über das Tauchen. Ich fing an zu lesen. Und kam immer tiefer in die Materie hinein. Ich las, was das Zeug hielt. Im Internet. Bücher. Und konnte es kaum erwarten, dass endlich Januar war. Denn da sollten wir uns das erste Mal mit den Rettungstauchern treffen. Doch im Leben kommt immer alles anders, als man es erwartet. Und so auch hier. Denn drei Tage bevor wir uns mit den Rettungstauchern hätten treffen sollen brannte das Schwimmbad bis auf die Grundmauern ab. Kein Witz. Ein technischer Defekt. Und so zerplatze der Traum.

Wir waren frustiert. Der Sommer lag noch in weiter Ferne, denn sonst hätte man ja in ein Freibad gehen können, aber dazu war es noch zu kalt. Auch die Rettungstaucher mussten erst nach einer Ausweichmöglichkeit suchen. Und so blieb uns nichts anderes übrig, als uns weiter mit der Theorie zu beschäftigen. Nicht nur mit der Tauchtheorie. Auch mit der Ausrüstungstheorie. Zwischen Thorsten und mir entbrannte fast eine Art Wettstreit, wer mehr zu einem Thema wußte. Ohne dass es uns selbst so bewusst geworden wäre, hatten wir längst die Enscheidung getroffen, uns doch die komplette Ausrüstung anzuschaffen. Das war aber gar nicht so einfach. Wir hatten nur bedingt Hilfe. Und so entschlossen wir uns, die Zeit bis zum endgültigen Tauchtermin zu verkürzen, indem wir das „Tauchshop-Hopping“ begannen. Wir besuchten so ziemlich alle Läden in unserer Umgebung, um uns erst mal kundig zu machen, was es denn alles gab. Die Besitzer der Läden waren alle sehr zuvorkommend und erklärten uns Anfängern von A bis Z alles, worauf man achten muss, worin die Unterschiede lagen. Das war sehr angenehm. Stück für Stück wuchs die Ausrüstung, erst gedanklich, schließlich auch materiell. So einfach war das freilich nicht. Besonders ich hatte aufgrund meiner Körperlänge mehr als einmal Probleme, etwas Passendes zu finden. So albern es auch klingt, ich hatte die reinste Odyssee vor mir, was den Neoprenanzug anbelangt. Ich wollte einfach nicht in so einen Anzug passen, und dabei ließ ich keine Peinlichkeit aus. Man zog mich mit Druckluft an, rupfte und rüttelte an mir herum, es ging nicht. Die Anzüge waren zu klein. Im Internet machte ich mich kundig und erfuhr, dass die durchschnittliche europäische Taucherin gefälligst nicht größer als 172 cm zu sein hat. Leider bin ich fast 180 cm, und was ich am Anzug in die Länge zog, fehlte mir nachher entweder in der Breite oder ich bekam die Arme nicht mehr hoch. Nach langem Suchen jedoch wurde auch ich fündig, die Italiener (Cressi)  hatten ein Herz für mich, und zu meinem Erstaunen und Unglauben durfte ich einen Anzug wählen, der noch nicht einmal die größte Größe hatte. Vor lauter Glück und Dankbarkeit kleidete ich mich dort komplett ein. Gut, das ist jetzt geschwindelt… ich hatte sowieso vor, mir von Cressi das Jacket zu kaufen. Das tat ich auch. Und lag damit goldrichtig wie ich im Nachhinein feststellen durfte. Nur… lächerlicherweise hatten Thorsten und ich die komplette Ausrüstung bereits zusammen bevor wir überhaupt wenigstens einmal tauchen waren! Was hatte unser TL gesagt? Es dauert nicht lange, dann würden wir anfangen, unsere eigene Ausrüstung zu kaufen? Da hatte er wohl die Rechnung ohne uns übereifrige Menschen gemacht. Die zwei Tauchnieten, von denen er sicher am wenigsten gedacht hatte, sie überzeugt zu haben, waren mehr als nur einfach infiziert. Wir sprachen fast über nichts anderes mehr. Da wir uns nur selten sehen, hatten wir doch plötzlich einen intensiven email Kontakt aufgebaut, und es gab sicher keine einzige email, in der wir nicht über das Tauchen sprachen. Ich träumte stellenweise sogar davon. Ich, die Angst vor Wracks hat, träumte davon, dass ich zur Thistlegorm tauchen würde! Ich träumte von der Salem Express! Es verging kein Tag, an dem ich nicht intensiv an’s Tauchen dachte. Ich wurde immer unruhiger. Und hoffte darauf, dass es bald soweit sein würde.

Doch es sollte noch dauern, genau genommen bis April. Durch Zufall entdeckte eine Bekannte von Thorsten eine Internetadresse mit einem Indoortauchzentrum bei München. DAS war genau das, was wir uns vorgestellt hatten. Und natürlich buchten wir uns da ein. Endlich war der Tag gekommen, an dem wir tauchen – und auch unsere eigene Ausrüstung testen konnten! Wir waren gespannt,  was uns in München erwarten würde. Aber davon erzähle ich dann das nächste Mal!

Scuba Diver: Was danach kam

Irgendwie könnte die Geschichte damit zu Ende sein. Ist sie aber nicht. Zu Ende war lediglich unser Urlaub in Ägypten. Oder sie könnte langweilig werden. Tut sie aber nicht. Auf dem Rückflug von Hurghada gab es für uns hauptsächlich ein Gesprächsthema: Tauchen. Wir wollten uns um Trainingstauchgänge im Schwimmbad bemühen, um wenigstens „drin“ zu bleiben.

Zurück in Deutschland geschahen zwei Dinge: Zum einen stand bei mir sofort die Urlaubsplanung für das kommende Jahr an, zum anderen bekam ich einen Hinweis auf einen Kollegen, der selber Taucher war und uns möglicherweise bei unseren Schwimmbadtauchgängen würde helfen können.

Dann geschahen nochmal zwei Dinge: Ich konnte mich bei der Urlaubsplanung nicht mit Annette absprechen und nahm auf gut Glück den gleichen Zeitraum wie im Vorjahr für einen Urlaub. Bei einem Treffen stellte sich heraus, dass sie das gleiche gemacht hatte – für den gleichen Zeitraum. Hier entstand eine neue Idee: Wir würden weitermachen – die nächste Stufe auf der Leiter, den „Open Water Diver“ (OWD). In Ägypten, im November. Wieder waren wir elektrisiert, so wie an dem Tag, als wir die Entscheidung fällten, den Tauchkurs zu machen. Allerdings wussten wir diesmal, dass wir nicht ganz so nervös werden würden. Hoffentlich!

Mein Kollege entpuppte sich als Instructor, genau das, was wir brauchten, um uns auf den „Open Water Diver“ vorzubereiten. Er hatte sogar die Möglichkeit, uns Leihausrüstungen zu besorgen, da er bei einem Rettungstaucherzug war. Und er würde es organisieren, dass wir mit ihm zum Training in ein Hallenbad kommen könnten.

Gleichzeitig überlegten Annette und ich, ob es nicht gut wäre, den einen oder anderen Ausrüstungsgegenstand doch anzuschaffen. Also begannen wir, verschiedene Tauchshops aufzusuchen und ließen uns beraten. Umfassend. Obwohl es eigentlich nicht nötig war. Schließlich wollten wir nur das eine oder andere. Oder? Also zum Beispiel einen eigenen Tauchcomputer… vielleicht Regulatoren…

In der Folgezeit ging ich meinem Umfeld auf die Nerven mit meiner doch sehr stark vorhandenen Begeisterung für das im Urlaub begonnene Tauchabenteuer. Ich begann, mich tiefer in die Materie einzuarbeiten, bestellte Kataloge und suchte mein Arbeitsmaterial von der Rettungsdienstschule wieder zusammen. Das war allerdings nicht hilfreich, da es mittlerweile hoffnungslos veraltet war. Und dann war da Weihnachten. Von meiner Familie bekam ich ein Tauch-Diorama geschenkt, das als Dekoration für ein Geldgeschenk diente (das in einen Ausrüstungsgegenstand investiert werden sollte). Und von Annette ein Buch über die Fische des Roten Meeres. Das hat mich sehr überrascht, aber natürlich auch sehr gefreut.

Tauch-Diorama

Und dann passierte eine von den Merkwürdigkeiten, die das Leben manchmal bereithält: das Hallenbad, in dem wir unser „Training“ abhalten sollten, brannte im Januar ab, nur Tage bevor wir dort sein wollten. Damit fiel das Training erstmal flach, eine Ausweichmöglichkeit gab es nicht. Ab Mai würde das Freibad öffnen und es sah so aus, als würden wir uns bis dahin vertrösten müssen. Mittlerweile waren unsere Gedanken über die eigene Ausrüstung weiter gediehen. Weiter als gedacht. Ein Neoprenanzug war mit „auf die Liste“ gekommen, außerdem war ich entfacht für eine spezielle Tarierweste, die ich in einem Tauchladen gesehen hatte. Unser Plan war nun, bis November Stück für Stück anzuschaffen, damit wir für den Ägypten-Urlaub die Sachen beisammen haben würden.

Doch wieder wurde alles über den Haufen geworfen, respektive, ich warf meine Ideen über den Haufen. Unablässig sagte eine leise Stimme in meinem Hinterkopf: „Wenn Du es willst, dann tu es doch!“ Warum auch nicht? Ich informierte mich weiter, besonders über die Tarierweste, die ich ins Auge gefasst hatte. Die war teuer, aber andererseits genau das, was einer ganz speziellen Eigenart von mir entgegen kam. Der erste wirkliche „Ausrüstungsgegenstand“, den ich mir dann anschaffte, war jedoch ein Neoprenanzug. Das hatte recht pragmatische Gründe, er gefiel mir, er passte und ich sah gut drin aus. 😉 Aber damit fing es an. Einen Monat später hatte ich den Großteil meiner Ausrüstung zusammen, einschließlich der Tarierweste, die mir ins Auge gefallen war. So viel zum Thema „bis zum November“.

Ein Problem bestand aber weiter: Was würde aus unseren Trainingstauchgängen werden? Ich hatte mich mittlerweile weiter erkundigt nach Tauchschulen und lernte etwas kennen, das ich die „Drei-Minuten-Regel“ nannte – wann immer ich unsere Situation erklärte und nach Schwimmbadtauchgängen fragte, wurde ich nach spätestens drei Minuten gefragt, ob wir nicht gleich hier in Deutschland den OWD fertig machen wollen. Zu dem gewünschten Training kamen wir nicht. Dann kam mir eine Kollegin und gute Freundin zu Hilfe, aber eigentlich unfreiwillig – was wieder eine jener Geschichten war, die von Zeit zu Zeit passieren. Besagte Freundin war eigentlich auf der Suche nach Hotels in und um München. Dabei war sie auf ein Hotel gestoßen, an dem ein so genanntes Indoor-Tauchcenter angeschlossen war. Ich hatte einige Dinge zu klären, denn immerhin brauchten wir immer noch einen Instructor als Begleitung, aber schließlich war es so weit – wir sollten endlich zu unserem ersten Tauchgang machen nach unserem Kurs. Mittlerweile war es April. Annette hatte leider nicht ganz so viel Glück gehabt wie ich, denn zum Teil scheiterte der Erwerb ihrer Ausrüstung daran, dass sie einfach nichts passendes fand. Aber sie machte einen Laden in der Nähe von München ausfindig und wir sollten unseren Tauchausflug gleich mit einem „Kaufausflug“ verbinden. Aber das soll sie selbst berichten.

Die Situation hatte sich nun völlig verändert – mal wieder. Bevor wir überhaupt einen einzigen Tauchgang in Deutschland hinter uns hatten, hatten wir tatsächlich unsere Ausrüstung soweit zusammen. Kleinigkeiten fehlten nur noch, aber dem Tauchen stand nichts mehr im Weg. Unsere Überlegung war nun, falls uns das Indoor-Tauchcenter zusagen sollte und das mit den Tauchlehrern dort reibungslos funktionieren, dass wir bis November ein paar Mal dort hinfahren und unser geplantes Training doch noch durchziehen. Ja. Gute Idee. Aber vielleicht kennt jemand noch dieses Sprichwort:

„Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt…“

Scuba Diver: Der Erhalt des Brevets – Annettes Version

Es war soweit.

Endlich, endlich konnte ich das Wasser verlassen. Gott war ich froh. Runter mit dem schweren Zeugs. In dem Moment war ich wirklich froh, auch wenn ich die kleine, leise innere Stimme, die „schade schade“ sagte, hartnäckig überhörte.

Wir spülten grob unsere Ausrüstung ab, dann machten wir uns zum Imbiss fertig. Wir nahmen auf der Bank unten bei den Tauchflaschen Platz und aßen. Dabei schwärmten wir natürlich von den Delfinen. Die Freude war allerdings recht kurz, denn kaum dass wir den ersten Bissen im Hals hatten, erschien auch unser werter Herr TL wieder auf der Bildfläche. Mit einem riesigen Ordner. Er setzte sich auf den Boden vor uns und erklärte, dass wir mal wieder ein paar Fragen beantworten müssten. Hier möchte ich sagen, unser TL war ein wirklich lieber Kerl. Meine Sorgen, die ich anfangs hatte, hatten sich nicht bestätigt. Mit ihm zu tauchen war toll. Aber so langsam ging mir dieses Fragen-Beantworten auf den Zeiger. Hatte man denn nirgendwo seine Ruhe?

OK. Es verkürzte die Zeit der Rückfahrt. Schließlich legten wir wieder an der Basis an. Wir gaben unsere Tauchausrüstung zurück, dann warteten wir. Wir müssten doch noch zahlen? Unser TL erschien. „So Leute, jetzt müssen wir noch ein Foto von Euch machen. Für Eure Tauchscheine!“

WIE  BITTE? Ich erschrak. Fotogen wie ich nun mal bin… und dann noch nach 2 Tauchgängen! Das Bild, was jetzt entstehen würde, hätte ohne Weiters Platz auf dem RAF-Plakat gehabt. Hatte der Mann denn keine Augen im Kopf? „Muß das jetzt sein?“, widersprach ich vorsichtig. „Können wir das nicht morgen machen?“ Er grinste. Entweder kannte er das Problem der Damenwelt mit den Fotos oder er dachte sich, dass das „Morgen“ bei mir auch nicht mehr viel ändern würde. „Nein, jetzt!“ Er bestand darauf. Klasse.

Zuerst dachte ich, die Kamera sei mit mir gnädig, denn der Akku war leer. Doch ich freute mich zu früh. Tatsächlich besaß diese Basis einen Ersatzakku. Unser TL hatte inzwischen angefangen, unsere Papiere fertig  zu machen, da erschien der freundliche, nicht deutschsprachige Mensch vom Informationsdesk des Hotels. Mit Kamera. Thorsten stellte sich professionell auf, *blitz, und das Bild war im Kasten. Nun war ich dran. Der nette Mensch erklärte mir, dass er die Fotos den Damen hinterher nicht zeigen würde, denn sonst wäre er den ganzen Tag nur am fotografieren. Ein Bild, das wars. Super, dachte ich, dann trifft mich wenigstens zu Hause erst der Schlag. Ich stellte mich auf. *blitz. Ich wollte gehen. „Stop!“, rief der Herr, „I have to take another one!“ WAS? Hatte er nicht gesagt, dass er nur ein Foto…na, ich sah ja bestimmt toll aus. Es lag aber daran, dass ich zu früh weggelaufen war. 😀 Ich ging in die Geschichte ein als Frau, die von TGI Diving zweimal fotografiert wurde!

Die Zeit des Abschieds war gekommen. Natürlich nicht, ohne ein paar Ratschläge unseres TLs. Er erzählte noch eine Menge. Ob wir denn nicht gleich den OWD fertig machen wollten… (NEIN! Ganz sicher nicht!). Es würde uns schon bald auf die Nerven gehen, wenn wir immer einen „Babysitter“ dabei haben müssten… (NEIN! Ist doch gut so!). Schon bald würden wir anfangen, uns unsere erste eigene Tauchausrüstung auszusuchen… (NEIN!  Bin ich Krösus? Das Zeug kann man doch überall leihen!). Wir sollen in Übung bleiben, und wenn es nur Schwimmbadtauchgänge sind… (Was heißt hier NUR? Wer will denn ins Freiwasser?). Außerdem sollten wir uns mal im Bekanntenkreis umhören, es wäre interssant, wieviel Leute tauchen würden von denen wir das gar nicht  wüßten (KENNT er unseren Bekanntenkreis? KEIN Mensch taucht von den Bekannten!).  Schließlich mussten wir uns trennen. Am nächsten Tag sollten wir wieder erscheinen, denn leider hatte die Basis kein Kartenlesegerät für die Kreditkarte, so dass wir das bar bezahlen sollten. Und das Geld mussten wir erst einmal besorgen.

Auf dem Rückweg zum Hotelzimmer fiel eine riesige Last von mir. Ich hatte es geschafft! Ich besaß einen Tauchschein! Auch wenn er beschränkt ist, aber immerhin! Ich schwatze mit Thorsten. Auch er war völlig aus dem Häuschen. Trotzdem wunderten wir uns ein bisschen über die Ratschläge unseres TLs. Eigene Ausrüstung? Als Anfänger? Wo dachte der Mann denn hin?  Ok, einen Tauchomputer könnte man sich vielleicht gönnen, aber sonst… Und in den heimischen Gewässern tauchen? Nie im Leben! Im Bodensee sowieso nicht, da passiert ja ständig was. Zudem kennen wir keinen TL. Schwimmbad, ja. Das könnte man vielleicht noch organisiert kriegen. Vage machten wir beide Andeutungen, dass man ja eventuell nächstes Jahr irgendwo mal eine Woche hinfliegen könnte, in der man dann „auch“ tauchen gehen würde. Ich glaube aber, dass das zu diesem Zeitpunkt eher einfach daher gesagt war. Ohne ernsthaften Hintergrund. Wir waren ja schließlich nicht so hart drauf wie unser Tauchlehrer!

Wir gingen zum Abendessen. Wie sehr wir beide doch in den letzten Tagen angespannt waren, merkten wir erst jetzt. Nach zwei Tagen voller Konzentration und Selbstbeherrschung legten wir sämtliches „gutes Benehmen“, was wir uns in unserer Kindheit antrainiert hatten, ab. Die Kellner waren sicher sehr erstaunt über uns. Wir lachten  uns am Tisch kaputt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Über jeden Blödsinn. Und über reale Situationen. Wir hatten eine Kerze auf dem Tisch stehen. Die fing plötzlich an zu flackern und es drohte, ein Flächenbrand auszubrechen. Hat uns das gestört? Nein! Wir haben uns über die Kerze schief gelacht. Und sind aufgestanden, um  uns Nachschlag am Büffet zu holen! Ich kam als erste vom Büffet zurück und merkte gleich, dass die Kerze ausgetauscht worden war. Schade eigentlich. Wir waren wirklich albern. Und als wir abends auf unserem Balkon saßen, endete das Gelache nicht. Wir hatten den Eindruck, etwas Tolles getan zu haben. Zwar waren wir uns einig, dass wir sicher keine Hobbytaucher würden, die an jedem Wochenende irgendwo anders unter Wasser sitzen,  sondern eher sogenannte „Schön-Wetter-Taucher“, aber das würde uns auch reichen. So im Urlaub mal an ein schönes Riff… mehr braucht der Mensch doch nicht. Und natürlich bei warmen Wasser und guter Sicht.

Wie sehr wir uns täuschten! Oh ja! Das merkten wir erst zwei Tage später… beim Ausflug mit einem Segelboot. Wir hatten eine Schnorcheltour gebucht. Denn das war ja eigentlich unsere Absicht gewesen.

An dem Morgen, als wir zum Schnorcheln gehen wollten, mussten wir noch unseren Tauchschein bezahlen. Unser Hotel hatte einen Geldautomaten, aber leider… konnte man nur 500 ägyptische Pfund auf einmal herauslassen. Das heißt, um das Geld zu holen, mussten wir pro Person 7 Mal an den Automaten! Vor uns war ein Mann, der offenbar auch mehr Geld benötigte. Schließlich drehte er sich entschuldigend um mit den Worten, er müsse Geld für seinen Tauchschein abheben. Wir lachten. Genau das hatten wir ja auch vor. Schließlich hatten wir knapp eine halbe Stunde später unser Geld. Wir gingen zur Tauchschule zurück, um zu bezahlen. Da waren die Taucher. Sie beluden das Boot. Wir setzten uns und warteten auf den „Boss“. Ich ließ meinen Blick schweifen. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, mich beschlich ein wenig das Gefühl des Neides. Mit Abstand betrachtet war das doch wirklich toll im Roten Meer gewesen. Und die alle durften jetzt tauchen. Hätten wir nicht doch lieber den OWD fertig gemacht?

Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als wir dann wirklich zahlen mussten. Oh weh, war das ein Hick Hack. Der Basisleiter musste die Geldscheine zählen. Er machte fast eine Doktorarbeit draus. Aber schließlich war es soweit. Wir bekamen vorläufige Brevets, PADI würde uns unsere endgültigen Brevets dann zuschicken. Jetzt mussten wir uns wirklich trennen. Ich weiß nicht, wie es Thorsten in dem Moment erging. Wir hatten es eilig, denn der Bus, der uns zu dem Segelboot bringen sollte, würde jeden Moment kommen. Aber Zeit, Bedauern zu empfinden, hatte ich allemal noch…

Scuba Diver: Der Erhalt des Brevets – Thorstens Version

Wir hatten es also geschafft. Aber so einfach wollten wir das dann doch nicht machen. Nein, ein Beweisbild musste schon sein. Leider hatte ich – trotz der wasserdichten Verpackung – meine Kamera nicht auf die Tauchgänge mitnehmen können, da die Hülle nur bis 10 Meter Tiefe dicht hält, wir aber bei beiden Tauchgängen auf 12 Metern waren. Tja, vor dem Urlaub hatte sich das noch so toll angehört, bis 10 Meter Tiefe… tiefer wird man ja wohl kaum kommen. Wir wollten doch nur schwimmen und schnorcheln. So kann man sich irren.

Also wurde meine Kamera von einem Besatzungsmitglied des Tauchboots ins Wasser gereicht und unser Tauchlehrer bot sich an, das Bild von uns beiden zu machen. Nun muss man dazu folgendes sagen: Wir waren beide erledigt, physisch, psychisch und wir hatten gewisse Erfolgserlebnisse gehabt, die uns in eine gewisse Hochstimmung versetzten. Vielleicht war auch noch der Reststickstoff für letztes mitverantwortlich, wer weiß. Jedenfalls meinte unser Tauchlehrer, uns mit einem flotten Spruch zum Lächeln zu bringen fürs Foto. Er visierte uns an und meinte: „So, und jetzt sagt mal ‚Steuerrückerstattung‘!“

Zu viel des Guten - "lächeln", nicht "sich ausschüten vor Lachen"!

Sie finden das jetzt nicht soooo witzig? Mag sein. Aber wie gesagt, in der Situation, in der wir waren, brach es einfach aus uns heraus. Ich glaube, ich hätte in dem Moment alles lustig gefunden, selbst wenn der Tauchlehrer sowas gesagt hätte wie „Hinter Euch ist ein Hai!“ Aber er war gnädig und machte noch eins.

Summon the Heros!

Na gut, ich lächelte nicht so arg, weil mich die Sonne genau blendete, aber trotzdem, das Bild hat was. Der Beweis, dass wir wirklich tauchen waren. Na ja… okay… nicht wirklich ein Beweis fürs Tauchen, aber egal. Zumindest ein Beweis, dass wir Neoprenanzüge angehabt hatten und im Wasser waren. Dann raus aus dem Wasser, raus aus den Klamotten, fertig für heute.

Fertig für heute? Nein, nicht ganz. Theorie war nochmal angesagt, respektive das Abfragen derselben, Erklärungen und natürlich die obligatorische Tauchgangsnachbesprechung. Aber zuvor hatte ich noch eine Begegnung, die mein geistiges Fassungsvermögen etwas überstieg. Es waren sehr viel Eindrücke gewesen, die ich an diesem Tag gesammelt hatte. Und dann, gerade als ich wieder mal trocken und in „Zivilkleidung“ war, stürmte die Schweizerin auf mich zu und fragte mich aufgeregt: „Did you see the dolphins??“

Vermutlich setzte ich in dem Moment einen der dämlicheren Gesichtsausdrücke auf, über die ich verfüge. Das war etwas zu viel – eine Schweizerin, die sich in Ägypten mit mir – einem Deutschen – auf Englisch unterhält? Verstand, bitte hilf mir!

Nö, keine Lust. Sieh doch selbst zu, wie Du klarkommst! Ich hab heute schon genug gearbeitet!

Zum Glück kam unser Tauchlehrer dazu. „Die beiden wissen noch gar nicht, was sie für ein Glück gehabt haben“, meinte er. „Der zweite Tauchgang, und schon kriegen sie Delfine aus der Nähe zu sehen.“ Und einer der anderen Taucher, der mit dabei stand, meinte: „Stimmt, ich habe schon über hundert Tauchgänge hinter mir, und das ist das erste Mal, dass ich Delfine sehe.“ Wow. Zu mehr war ich in dem Moment nicht mehr fähig.

Irgendwann waren wir zurück an der Basis und der Tag neigte sich dem Ende zu. Aber Moment! Erst mussten noch Bilder gemacht werden für unser Brevet. Bilder? Ich sah bestimmt furchtbar aus. Tat ich auch. Und das Bild ist jetzt auf meinem Tauchschein drauf. Ganz Klasse. Ich lächle zwar freundlich, sehe aber aus, als ob ich in einen Fallwind geraten wäre. Und es gab keine Gnade – keine Wiederholung. Das erste Bild wurde genommen. Anders bei Annette. Ja, Madame hat mal wieder eine Extrabehandlung bekommen. Sie wurde zweimal fotografiert.

Zuletzt saßen wir an einem Tisch vor der Tauchbasis und bekamen unsere vorläufigen Brevets ausgehändigt. Wir hatten die Ausbildung bestanden und dürften von jetzt an tauchen gehen. Zum Beispiel auch zu Hause in Deutschland. Aber nicht doch… wer will das denn? Und dann gab uns unser Tauchlehrer noch ein paar Weisheiten mit auf den Weg.

  • Wollt Ihr nicht die nächste Stufe, den „Open Water Diver“, gleich noch mitmachen? – Ach ne, warum denn? Außerdem ging sich das zeitlich nicht mehr aus, wir hätten zwei Tage gebraucht, aber schon eine Schnorcheltour gebucht, und nach der Tour hätten wir nur noch einen Tag gehabt.
  • Es wird Euch aber bald nerven, „nur“ Scuba Diver zu sein und immer so einen Aufpasser dabeihaben zu müssen. – Nein, nein, ist schon ganz okay so, da ist wenigstens immer einer dabei, der Ahnung hat.
  • Ihr werdet bald anfangen, Eure eigene Ausrüstung anzuschaffen. – Wie kommst Du denn da drauf? Das Zeug kann man doch überall mieten, wer braucht denn schon eine eigene Ausrüstung, wenn man nur als Urlaubstaucher unterwegs ist? Na ja, vielleicht so ein paar Kleinigkeiten, wo’s schon nicht schlecht ist, was eigenes zu haben, aber sonst… nein.
  • Ihr solltet unbedingt auch in Deutschland weitermachen mit dem Tauchen, und sei es im Schwimmbad. Besser aber im Freiwasser. – Freiwasser? Du meinst, in Deutschland in so ’nen See? Trübe, kalt – nein Danke! Schwimmbad, okay. Mal sehen, was wir da hinkriegen. Vielleicht.

So gingen wir in unser Hotelzimmer zurück, machten uns etwas frisch und gingen direkt zum Abendessen. Im Gegensatz zu dem Zeitpunkt nach dem ersten Tauchgang hatten wir nun unsere alte Form wieder und redeten, was das Zeug hielt.  Wir könnten ja, schlug Annette vor, im darauffolgenden Jahr wieder einen gemeinsamen Urlaub machen und uns einen Ort aussuchen, wo es auch Tauchreviere gibt. Dann könnten wir schwimmen, schnorcheln und tauchen. Ich weiß noch genau an welcher Stelle das war: Unsere Hotelanlage war weitläufig mit vielen Wegen und Brücken. Von unserem Bungalow aus den „Hauptweg“ entlang kam man schließlich auf eine Kreuzung, von wo aus man entweder weiter in Richtung Strand und Tauchbasis gehen konnte (nach rechts) oder auf eine Brücke zu, die direkt zum Hauptgebäude führte, wo sich das Restaurant befand (nach links). Genau an der Kreuzung war es. Ich weiß das deswegen noch, weil ich begeistert von der Idee war. Manche Situationen speichern sich bei mir sehr deutlich im Gehirn ab, so auch diese.

An diesem Abend beim Essen wurde, so kann man das sicherlich sehen, der Grundstein für die Webseite der „Flat Flute Divers“ gelegt (Sie baden gerade Ihre Hände drin. – Im Internet? – Nein, bei den Flat Flute Divers!). Aber zu dem Zeitpunkt ahnten wir das noch nicht. Dadurch, dass wir jetzt fertig waren mit dem Tauchschein, fiel der Druck der letzten zwei Tage von uns ab und wir waren stolz auf unsere Leistungen. Und was machten wir? Wir wurden albern. Am Tisch malten wir uns Szenen aus, etwa wie unser Tauchlehrer an uns verzweifelt und ähnliches – und lachten uns darüber kaputt. Wir lachten über uns selbst. Darüber, wie wir uns angestellt hatten und wie wir uns wohl noch anstellen werden, wenn wir nächstes Jahr wieder aufkreuzen, so als Urlaubstaucher, und was unser Tauchlehrer dann sagen würde… „hm, ja toll, Leute, Ihr habt zwei Tauchgänge im Meer von Eurem Scuba-Diver-Kurs und zwei anschließend im Schwimmbad, und das innerhalb eines Jahres, suuuuuper!“ Überhaupt, unser Tauchlehrer. Der arme Kerl hat für mehr als eine ausgedachte Szene herhalten müssen, wie er an uns (und unseren nicht vorhandenen Fähigkeiten) den Glauben an die Menschheit verliert.

Wir waren so albern, dass nicht mal die Tatsache, dass uns fast der Tisch abgebrannt wäre, aus der Ruhe brachte. Im Gegenteil, wir fanden das ziemlich witzig. Nach dem Essen saßen wir noch auf dem Balkon unseres Bungalows, und noch immer lachten wir uns kaputt. Schön, das hatten wir also geschafft. Wir hatten tatsächlich einen Tauchschein gemacht. Jetzt wollten wir uns noch auf ein paar schöne Tage mit Pool und Schnorcheln konzentrieren, bevor es auch schon wieder heimging ins kalte Deutschland (es war ja immerhin November).

Wir mussten aber noch den Tauchkurs zahlen. Dazu mussten wir zweimal wiederkommen. Denn die Tauchbasis sollte ein neues Kreditkartenabrechnungssystem erhalten. „In 24 hours – Egyptian time!“, hatte der Leiter der Tauchbasis gesagt, deswegen waren wir nochmal wieder gekommen. Nun heißt der Zusatz „Egyptian time“, dass man nicht davon ausgehen konnte, dass die Zusage, etwas sei innerhalb von 24 Stunden gemacht, auch bedeutet, dass es sich dabei um 24 Stunden handelt, wie sie man sie mit einer präzis funktionierenden Uhr misst. Mehr so eine Uhr, die sich grob nach dem Wasserstand des Roten Meeres richtet. Jedenfalls bescherte uns das noch einen Besuch an der Tauchbasis, da wir dann das Geld vom Automaten holen mussten, um bar zu zahlen. Das war schon komisch, da wieder hinzugehen. Wir wurden freundlich begrüßt und sogar gefragt, ob wir nicht mitkommen wollen auf die heutige Tour. Nein, wir hatten doch das Schnorchelpaket gebucht und schon bezahlt.

Während wir dann in der Hotelhalle saßen und darauf warteten, dass unser Transfer zur Schnorcheltour kommen würde, schlich sich bei mir ein merkwürdiger Gedanke ein. Ich stellte mir vor, wie es wohl wäre, wenn unser Tauchlehrer plötzlich vorbeikommen und freudestrahlend verkünden würde: „He Leute, das Schiff von Eurer Schnorcheltour hat Mast- und Schotbruch, die Tour ist abgesagt. Aber Ihr könnt stattdessen bei uns mitkommen zum Tauchen!“ Ich wischte den Gedanken bei Seite. Unser Tauchlehrer würde so oder so nicht vorbeikommen, der hatte uns nämlich erzählt, dass er direkt im Anschluss an unseren Kurs als Begleiter auf eine Safari gehen würde.

Dann kam unser Bus. He, Hauptsache, raus aufs Meer… schwimmen, schnorcheln… ist doch auch was.

Scuba Diver: Zwischen Pool und Meer – Annettes Version

Auf dem Rückweg zum Hotelzimmer wurden wir beide ungewohnt still. Hatten wir doch tagsüber viel gelacht, so merkte ich langsam, dass sich bei mir die ersten Zweifel einstellten. Der anfängliche Höhenflug setzte langsam zur Landung an. Die Freiwassertauchgänge machten mir Sorgen.

Im begrenzten Wasser zu tauchen, noch dazu in einem flachen Pool, war nun wirklich kein Hexenwerk. Die Übungen, die wir gemacht hatten, klappten auch alle gut. Zu gut. DAS war das Problem. Ich überlegte. Was würde passieren, wenn ich am nächsten Tag plötzlich die Nerven verlieren würde? Wäre ich imstande, das Gelernte, das sich bis dahin sicher noch nicht gesetzt hatte, anzuwenden? Könnte ich mir helfen? Ich dachte weiter nach. Meine  Güte, 12 Meter! 12 Meter waren doch schon ein ganzes Stück. Ich fing an, Vergleiche zu ziehen. Wieviel waren 12 Meter?

Thorsten erging es wohl ähnlich. Den ganzen Abend lang besprachen wir unsere Sorgen und lasen, was das Zeug hielt. Aber die Lösung fanden wir im Buch natürlich auch nicht. Ich sah auf. Unser Bungalow hatte eine Kuppel. Wie hoch das wohl war? „5 m vielleicht“, schätze Thorsten. WAAAS? DAS waren NUR 5 Meter? Oh Gott. Allein das jagte mir schon Angst ein. So viel Wasser über einem, und dann sollte man in 12 m Tiefe auch noch die Übungen von heute machen? Atemregulator rausnehmen? Was, wenn ich wieder Wasser schlucken würde? Da wäre ich nicht mit einem Satz aus dem Wasser.

In dieser Nacht schliefen wir beide extrem schlecht. Mich beschlich das Gefühl, dass ich mich mit der Entscheidung, „mal das Tauchen auszuprobieren“, leicht überschätzt hatte. Andererseits bin ich ein Mensch, der sich durchbeißt. Aufhören kam nicht in Frage.

Am nächsten Morgen erschienen wir pünktlich an der Tauchschule. Unser TL kam mit uns gleichzeitig. Er strahlte. Im Gegensatz zu uns. Unser Lächeln an dem Morgen ähnelte eher einem Kieferkrampf.

Dem Discover Scuba Diver erging es offenbar nicht anders. Er erzählte uns, dass er ebenfalls schlecht geschlafen hatte. Der vierte im Bunde war gar nicht erst erschienen. Ich ließ meinen Blick aufs Meer schweifen. Da war es. Das Tauchboot. Ich erschrak. Es war größer, als ich es mir vorgestellt hatte. Ein Boot von dieser Größe wollte ich nicht von unten sehen.

Schnell verdrängte ich diesen Gedanken. Unser Tauchlehrer brachte uns zum Boot und verlud unsere Ausrüstung. Er wies uns kurz in die Örtlichkeiten ein und erklärte, dass wir unsere Ausrüstungen erst dann zusammenschrauben würden, wenn alle anderen fertig waren. Sonst wäre das so ein Durcheinander. Mir war das Recht. Ich brauchte erst mal einen Moment, um mich zu einzugewöhnen.

Thorsten und ich setzten uns oben aufs „Sonnendeck“. Dann legten wir ab. Von unten war Lärm zu hören, offenbar schraubten alle Taucher an ihren Ausrüstungen rum. Nachdem es ruhiger wurde schlug ich Thorsten vor, dass wir das jetzt auch machen sollten. Insgeheim wollte ich vermeiden, dass ich dabei beobachtet wurde. Wir schlichen die Treppe runter. Unten war es still, wir waren die beiden einzigen. Perfekt. In aller Stille montierten wir unsere Flaschen. Danach gingen wir wieder hoch.

Kaum saßen wir wieder, erschien auch unser TL auf der Bildfläche. „So Leute“, sagte er, „jetzt können wir loslegen mit der Ausrüstung.“ „Haben wir schon montiert“, antworteten wir beide. Dies war eine der wenigen Gelegenheiten, in denen wir unseren TL baff sahen. „Wirklich“, fragte er, „na, dann lasst mal sehen.“

Bis auf Kleinigkeiten war alles richtig. Zum Glück. Und ich hatte sogar ohne Anfeuerungen die Tauchflasche montiert bekommen! Gerade wollten wir die Treppe wieder hochgehen, da rief uns der TL zurück. Wir müssten mit ihm noch ein paar Fragen klären. Es folgte eine gute Stunde Tauchunterricht auf deutsch. Er wiederholte alles vom Vortag nochmal, auch die Theorie.

Wir saßen in der Kajüte. Wir merkten vor lauter Fragen beantworten gar nicht, wie die Zeit verging. Plötzlich wurde es wieder lauter. Die Taucher versammelten sich. Wir näherten uns wohl unserem ersten Tauchplatz. Da der Discover Diver nicht so tief runter darf wie der Scuba Diver, hatte unser TL nur noch zwei Tauchschüler: uns beide. Der Kollege würde mit jemand anderen tauchen.

Die Taucher brachen auf, um sich umzuziehen. Da kam unsere Schweizerin vorbei (die mit unserem Kollegen tauchte) und warf unserem TL eine Karte auf den Schoß. „Hier“, sagte sie, „damit du noch was erklären kannst.“ Unser TL beendete erst mal seinen Unterricht, dann erzählte er uns, dass erst alle anderen das Tauchboot verlassen würden, bevor wir absprangen. Abspringen?

Ich erinnerte mich, dass ich beim Einstieg über eine Plattform gelaufen war. Diese war ca einen halben Meter über Wasser am Heck. Und von da würden wir abspringen? Oh weia, dachte ich, bloß nicht umdrehen. Ich springe direkt neben den Schiffsschrauben ins Wasser. Das ist Horror pur für mich.

Aber es sollte noch schlimmer kommen. Der TL schlug die Karte auf. „So, Leute“, sagte er, „und das ist das Tauchziel! Das ist das Wrack der Ghiannis D!“ Er strahlte aus allen Knopflöchern. Er selbst ist nämlich ein begeisterter Wracktaucher.  „Dieses Schiff sank vor 30 Jahren…“

ssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssss

Der Rest seines Vortrages versank in einem fast unerträglichen Ohrgeräusch von mir. Ich starrte auf die Karte. Vor mir lag ein Wrack, kein Ruderboot, ein richtiges, ausgewachsenes WRACK. Sofort schossen mir Bilder durch den Kopf, Bilder, die ich noch aus Kinderbüchern kannte. Versunkene Schiffe, gespenstisch mit Tang behangen im trüben Gewässer… oh lass das nicht wahr sein!

Ich weiß nicht, wie lange ich nichts hörte. Mein Gehör setzte erst dann wieder ein, als der TL gerade von einer Kaminklappe sprach, durch die man durchtauchen könne. Nicht nur das Gehör kehrte bei mir zurück, mein Widerstand ebenfalls. „Das kannst du wohl mal ganz schnell vergessen, dass ich durch irgendwelche Kamine tauche“, fuhr ich ihn an. Mein TL war etwas erstaunt über diesen Ausbruch, schob es aber wohl auf meine Nerven. Trotzdem schossen mir unwillkürlich Bilder durch denKopf. Kamintauchen? Ist  das ein Weihnachtsspecial? Alle mit weißen Bärten und Säcken auf dem Rücken?

Nach der Einweisung brauchte ich dringend eine Pause. Ich lief aufs Deck. Und versuchte, in Sekunden einen Notfallplan zu erstellen. Ich konnte ja schlecht zum TL gehen und ihn anflehen, nicht zum Wrack zu tauchen! Und zugeben, dass ich mich vor Wracks fürchte konnte ich auch nicht. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens behält mich der TL im Auge, wenn er weiß, dass ich Angst habe, und jedesmal wenn er mich anguckt, erinnert er mich an meine Angst. Das ist schlecht. Ich versuche schließlich selber, meine Angst einfach zu vergessen. Zweitens bekomme ich das Gefühl, wenn ich jemanden gestehe, dass ich Angst habe, ihm ein Stück weit die Verantwortung für mich zu übertragen, ich mache mich also von seiner Reaktion abhängig. Ich verlasse mich auf einen fremden Menschen und auf seine Fähigkeit, mich einzuschätzen – was er eigentlich nicht kann. Und das empfinde ich als sehr gefährlich. Ich muss selber zurecht kommen.  Also was sollte ich tun? Ich blickte aufs offene Meer… und prompt auf ein spitzes, rostiges Metallstück, das aus dem Wasser ragte. Sah aus wie ein… Bug?? Eines Schiffes? Schnell sah ich weg. Was war das hier? Friedhof der Schiffe? Wäre Steven Spielberg anwesend gewesen, dann hätte ich geglaubt, dass hier mein persönlicher Horrorfilm gedreht würde. Mit mir in der Hauptrolle.

Genervt drehte ich  mich um, und prallte mit unserem aufgeregten Discover Diver zusammen. Der zog mich sofort zur Reling. „Schau mal da!“, schrie er fast, „Kannst du das sehen?“ WAS bitte soll ich da sehen? Mißmutig guckte ich  über die Reling. Delfine vielleicht? Irgendetwas hätte ich dringend gebraucht um mich aufzumuntern. Doch ich sah nur grün-blaues Wasser und irgendetwas schimmerte…..“Da kannst du es liegen sehen, das Wrack“, freute sich der Kollege. Entsetzt fuhr ich von der Reling zurück. Wo bitte war der Bus mit den Leuten, die das sehen wollten? Reichte das nicht, dass ich mir das unter Wasser antun musste?

Schließlich war es soweit. Alle Taucher waren abgesprungen. Nur wir blieben übrig. Nachdem wir eingekleidet waren und zum ersten Mal die volle Last der Ausrüstung am Leib verspürten, wankte ich mehr zum Heck als dass ich lief. Ich hatte das Gefühl, dass ich zu meiner eigenen Hinrichtung laufen würde. Auf der Plattform blieben wir stehen, Flossen anziehen, Buddycheck. Unser TL schien endlos zu reden. Ich hörte gar nicht zu. Inzwischen hatte ich nämlich noch ein Problem entwickelt. Entweder kollabierte ich jetzt auf der Plattform, und zwar vor Hitze, oder der TL sprang jetzt hoffentlich bald ins Wasser. Ich war kurz davor, vor ihm ins Wasser zu springen, um mir die längst fällige nasse Ohrfeige abzuholen, die ich dringend brauchte, um meine Sinne wieder zu richten, da sprang er endlich ab. Gott sei Dank. Wäre ich vor ihm gesprungen, hätte es sicher Ärger gegeben.

Kaum tauchte der TL ins Wasser, da sprang ich auch schon hinterher. Das kühle Wasser tat gut. Es hatte zwar nicht ganz die erhoffte Wirkung, aber zumindest war es mir nicht mehr schlecht. Ich ignorierte hartnäckig das Heck, drehte mich genau in die andere Richtung und wartete ab. Thorsten fehlte noch. Wo war er denn? Ich drehte mich dann doch mal zum Heck. Er stand auf der Plattform und sah besorgt ins Wasser. Was war los? Ich war etwas irritiert. Ok, er mag kein kaltes Wasser, das wußte ich ja, aber wir hatten doch die Ausrüstung. So kalt war es doch nicht. Ich konnte mir das nicht erklären. Der TL rief nach ihm. Ich überlegte kurz, ob ich ihn mit einem blöden Spruch ermutigen sollte („Rock runter und ab ins Wasser!“) , doch gerade, als ihn loswerden wollte, verzog sich seine besorgte Miene zu einer Art Garfieldgrinsen. Ich merkte, dass das nicht der richtige Moment für einen blöden Spruch war, also hielt ich mein vorlautes Mundwerk. Ich hatte es ja auch gerade selber nötig, eine dicke Lippe zu riskieren!  Schließlich war es soweit. Thorsten landete neben uns. Unser TL erinnerte uns nochmal an die wichtigsten Dinge. Dann sollten wir den Abstieg beginnen…

Scuba Diver: Zwischen Pool und Meer – Thorstens Version

Nun hatten die Poollektionen also gar nicht so schlecht geklappt, obwohl ich bei jeder neuen Übung wieder nervös war. An diesem Abend galt es, unser Wissen zusammen zu bringen, also das, was wir aus den Filmen und von unserem Tauchlehrer gelernt hatten, mit Hilfe des Lehrbuchs zu etwas vernünftigen zu vereinen. Erstmal jedoch gab es Abendessen, und ich hatte auch Hunger. Man merkte es zwar nicht so direkt, aber es heißt nicht umsonst „Tauchsport“ – es kostet Kraft, auch wenn wir nur im Pool herumgepaddelt waren. Während des Essens sprachen Annette und ich über unsere Erlebnisse und Erfahrungen und dass die Übungen so gut geklappt hatten. Und am nächsten Tag würde es wirklich ins Meer gehen. Auf mindestens zehn Meter Tiefe… Da wurden wir dann ruhiger. Nachdenklicher.

So langsam fingen meine Zweifel an zu wachsen. Das war doch alles viel zu glatt gegangen. Als wir dann auf unserem Zimmer waren und das Buch durchackerten, wurde es noch schlimmer. Und so langsam kamen mir wieder die Dinge hoch, die mich bisher eigentlich davon abgehalten hatten, das Tauchen ernsthaft anzugehen. Worauf hatte ich mich da eingelassen? Nicht nur, dass ich in aller Ausführlichkeit an die möglichen Gefahren erinnert wurde, es kam noch mehr dazu. Der Druck nahm zu, je tiefer man ging, das wusste ich schon. Aber das Lehrbuch machte einen darauf aufmerksam, dass das Atmen schwerer wurde, je tiefer man kam. Und was die Übungen für den nächsten Tag betraf, da gab es keine Ausreden mehr. Um für den Tauchschein gültig zu sein, mussten diese in mindestens zehn Metern Tiefe gemacht werden.

Als wir am Abend zuvor den Entschluss gefasst hatten, den Kurs zu machen, war natürlich auch die Überlegung, wofür man so einen Schein brauchen könnte. „Schön-Wetter-Taucher“, das war der Begriff, den Annette ins Spiel brachte. Das war letztlich auch das, was mir sympathisch schien. Wenn man im Urlaub ist, an einem netten, warmen Gewässer mit guter Sicht (wie dem Roten Meer), einfach eine Ausrüstung leihen und auf eine Exkursion gehen. Und da beim Scuba Diver der „Instructor“ immer noch mit dabei sein musste, wäre das ja alles kein Problem.

Doch je mehr ich mich in die Materie vertiefte, desto mehr beschlichen mich Zweifel, ob ich nach dem nächsten Tag überhaupt weitermachen würde. Immerhin würde ich dann wissen, ob es nichts für mich ist und ich könnte mich in Zukunft wieder auf meine bequeme Position zurückziehen, wenn das Gespräch darauf kommen sollte. Aber den nächsten Tag würde ich noch durchziehen. Krieg ihn einfach rum! Das sagte ich immer wieder zu mir selbst. Doch das wurde zunehmend schwieriger. Schließlich las ich, dass es Menschen gab, denen unter Wasser schwindlig wurde, wenn sie „schwebend“ in einigen Metern Höhe über dem Grund hingen. Vor allem, wenn die Sicht gut war. Wie zum Beispiel im Roten Meer. Na großartig. Ich bin bestimmt einer der Kandidaten, denen schwindlig wird, dachte ich mir. Immerhin hatte mein Gleichgewichtssinn mir früher dahingehend Probleme bereitet, dass ich beim Autofahren reisekrank wurde. Das verschwand zwar grundlos, als ich ein Teenager war, aber wenn ich von großen Höhen herunterblicke, kann es sein, dass mir immer noch schwindlig wird. Das hatte mit meiner Höhenangst zu tun.

Ich muss hier grundsätzlich mal etwas ausführen. Falls es Sie nicht interessiert, dann überspringen Sie diesen Absatz einfach. Aber ich möchte natürlich, dass Sie nach der Lektüre dieses Artikels zu sich sagen können: „Mensch, bei den FlutFluteDivers, da hab ich was gelernt!“ Es ist nämlich so, dass die Umgangssprache mit bestimmten Begrifflichkeiten der Psychologie sehr schludrig umgeht. Banal gesagt sind einige Dinge, die man so umgangssprachlich sagt, falsch. Zum Beispiel wenn man sagt, jemand wäre „manisch depressiv“. Die meisten Menschen denken, so jemand wäre „besessen“, also extrem depressiv (eben manisch). In Wirklichkeit bedeutet es aber, dass sich Phasen der Hochstimmung (Manie) mit Phasen der Niedergeschlagenheit (Depression) abwechseln. Ähnliches gilt, wenn jemand von „Platzangst“ spricht, und dabei die „Klaustrophobie“ meint, also die Angst in geschlossenen Räumen. Der Begriff „Platzangst“ ist ungenau und kann mit der Agoraphobie, der Angst vor großen, leeren Plätzen verwechselt werden.

Worauf will ich eigentlich hinaus? Nun, mit der „Höhenangst“ verhält es sich ganz ähnlich. Bei der Akrophobie ist es nicht die Höhe an sich, sondern das Gefühl, abstürzen zu können, das die Angst auslöst. Wenn ich am Rand eines Abgrunds stehe und nach unten schaue, habe ich das Gefühl, die Schwerkraft sei hier stärker, als wenn ich einen Schritt zurück mache. Ich habe das Gefühl, die Schwerkraft hat mich am Kragen gepackt und versucht, mich herunter zu ziehen. Dabei ist es unerheblich, ob ich auf einer gerade mal zwei Meter hohen Mauer stehe oder auf einem vierzig Meter hohen Turm. Die „Höhenangst“ sollte daher vielleicht eher „Fallangst“ oder „Sturzangst“ heißen.

Und wenn ich versuche, trotzdem nach unten zu sehen, kann es passieren, dass mir schwindlig wird. Ich konnte mir daher sehr gut vorstellen, dass das gleiche auch passiert, wenn ich schwebend über dem Meeresboden hänge. Immerhin macht es ja nicht „plumps!“ und man ist auf zehn Metern Tiefe. Man muss ja irgendwie dahin kommen. Na, das konnte ja heiter werden.

Was Annette betraf, so merkte ich eine gewisse Aufgeregtheit, aber wenn wir uns unterhielten, hatte ich den Eindruck, es war nicht mehr als eine Aufgeregtheit, wie sie ein Schüler vor einer wichtigen Klassenarbeit hatte. Sie sprach zwar von den Booten und den Wracks, wegen derer sie Bedenken hatte, aber das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Wir waren Anfänger! Man würde uns doch nicht sofort auf ein Wrack loslassen! Und vom Boot aus lostauchen – wir fuhren doch zu einem Riff und würden dort irgendwo festmachen und dann von Land aus ins Wasser. Tauchboote landen doch an, oder? Bei irgendeiner Insel. Es gab doch Inseln im Roten Meer? Natürlich gab es die, aber wurden die auch angefahren?

Ich hatte keine Ahnung.

Irgendwann half alles nichts mehr. Es war zu spät und wir sollten schlafen. Immerhin würde es am nächsten Morgen beizeiten losgehen. Die Nacht war unruhig, aber ich wollte mir nichts anmerken lassen. Wir gingen zum Frühstück, allerdings nicht ohne uns gegenseitig noch nervöser zu machen, als wir schon waren. Die magische Zahl des Morgens war die „10“. So tief würde es heute runtergehen. War die Decke des Speisesaals wohl zehn Meter hoch? Schon ganz schön viel… Schließlich kam der Schweizer noch an unserem Tisch vorbei und fragte, ob wir auch so unruhig geschlafen hätten und aufgeregt wären. Und das fragte er, der nur auf fünf Meter gehen würde? Schön, dass andere Menschen auch Bedenken hatten, aber es beruhigte mich nicht wesentlich. Dann fiel mir der Tipp ein, den unser Tauchlehrer noch gegeben hatte – da wir einige Zeit mit dem Boot fahren würden, wäre es schlauer, nicht so schwer und viel zu essen, das fördert nur die Seekrankheit. Aber es war egal – ich konnte sowieso kaum was essen.

Mein Kreislauf lief entgegen seiner sonstigen Gewohnheit (ich bin Hypotoniker) schon den ganzen Morgen auf Hochtouren. Und so kamen wir bei der Tauchbasis an. „Jetzt geht es loo-os!“, grinste unser Tauchlehrer breit. Der hatte gut lachen. Unsere Ausrüstung war mittlerweile in Plastikkisten verstaut und wurde von uns an Bord unseres Bootes gebracht. Dann ging es tatsächlich los. Schnell ließen wir das Ufer von El Gouna hinter uns. Wir fuhren irgendwo aufs Rote Meer hinaus. Gleich zu Beginn der Fahrt gab uns unser Tauchlehrer jeder einen Tauchcomputer. Ich war froh, dass ich etwas hatte, an dem ich mich festhalten konnte. Wäre der Tauchcomputer ein Tier gewesen, ich hätte es wahrscheinlich aus Versehen mit meinem Griff erwürgt.

Nach einiger Zeit setzten wir uns in der großen Kabine des Bootes an einen Tisch. Theorie wurde wiederholt. Dann wurde das „Briefing“ gemacht. Nachdem die erfahrenen Taucher, die auch mit auf der Tour waren, ihre Einführung über den Tauchplatz schon erhalten hatten, kam unser Tauchlehrer zu uns. Er klappte eine in Plastik laminierte Karte auf, die…

…ein Schiffswrack zeigte.

Wenn mich in dem Moment jemand gefragt hätte, ob ich aus der Kirche austreten wollte – ich hätt’s gemacht. Das war ja mal wieder toll. Typisch für die Ironie des Lebens. Und dafür zahl ich auch noch Kirchensteuern? Das Schiff hieß, als es die Meere noch befahren hatte, Ghiannis D. Dann war es auf die Nordseite eines Riffs mit Namen Shab Abu Nuhas geprallt und gesunken. Ich äugte vorsichtig rüber zu Annette. Sie hatte mir von ihren Problemen mit Wracks erzählt, ließ sich aber irgendwie nichts anmerken. Oder war sie schon erstarrt? Doch es kam noch schlimmer. Unser Tauchlehrer deutete auf einen Aufbau mit Querträger, der von den Aufbauten hochstand und meinte, genau dort würde unser Boot festmachen. Es würde also genau über dem Wrack lagern. Wir würden vom Boot springen und an einem Seil, das unter dem Boot hing, senkrecht fünf Meter in die Tiefe in die Tiefe tauchen. Na klasse! Annette hatte Probleme mit Wracks und mit der Tatsache, unter einem Boot zu tauchen – und jetzt würden wir bei unserem ersten Freiwassertauchgang auch noch alles beides haben? Ich war bereits so in der Rolle des „Buddys“, dass ich nicht bedachte, dass auf mich eventuell auch die eine oder andere Herausforderung zukommen könnte.

Unser Tauchlehrer erklärte unsere Route, vom Startpunkt aus in Richtung Bug des Schiffes, der in zehn Metern Tiefe liegt. Von da wieder zurück Richtung Heck, einmal um die Brückenaufbauten herum. Das müssten dann so ungefähr 45 Minuten sein (mir schoss durch den Kopf: „Oh Gott, die längsten 45 Minuten meines Lebens!“). Anschließend auftauchen und Fahrt zum nächsten Tauchplatz für den zweiten Tauchgang, doch zwischen den beiden Tauchgängen würde es Essen geben. Essen? Ach, werft meine Portion doch gleich ins Meer. Ich würde sowieso nichts essen können. Und die Fische freuen sich bestimmt.

Der Kampf mit dem OktopusShab Abu Nuhas kam näher. Irgendwann mussten wir unsere Ausrüstung fertig machen. Und zwar möglichst bevor die Situation eintritt, dass alle anderen schon im Wasser sind und wir noch beim Aufbauen. Also machten wir uns irgendwann dran. Bei den erfahrenen Tauchern sah das irgendwie professionell aus. Doch das, was ich tat, ließ sich mehr mit „der Kampf mit dem Oktopus*“ umschreiben. Endlich saß die Tarierweste auf der Flasche und schließlich auch die Erste Stufe auf dem Ventil. Alle Schläuche waren dort, wo sie sein sollten. Schließlich sahen wir es. Genau genommen ist Shab Abu Nuhas nicht wirklich zu „sehen“, da sich das ganze Gebilde unter Wasser befindet, aber man konnte es trotzdem gut erkennen. In einiger Entfernung von uns lagen sogar Metalltrümmer auf dem Dach des Riffs und ragten in die Höhe.

Einer der Männer von der Tauchbasis sprang ins Wasser, um unser Boot mit den Aufbauten der Ghiannis D. zu vertäuen. Unser Tauchlehrer machte uns aufmerksam, dass man das Schiff schon sehen könnte – und tatsächlich! Obwohl das Wrack mindestens fünf bis zehn Meter unter uns lag, war es zu sehen. Ich hatte zwar von der guten Sicht im Roten Meer gehört, aber das übertraf doch alles. Nun mussten wir uns endgültig fertigmachen. Also zuallererst wieder den Neoprenanzug an. Das ging nicht wirklich besser als am Tag zuvor. Die Tarierweste nebst Flasche auf. Und so schwer bepackt gingen wir zum Heck des Tauchbootes, wo sich eine Plattform befand. Von hier aus sollte es losgehen. Der Tauchlehrer und Annette waren auch schnell im Wasser. Ich nicht.

Erinnern Sie sich, was ich oben über die Schwerkraft und Höhenangst sagte? Man hat das Gefühl, als sei die Schwerkraft aus irgendeinem Grund stärker, wenn man am Rand steht. Nun stand ich am Rand der Plattform und hatte eine exzellente Sicht nach unten. Zwanzig Meter in die Tiefe. Und womit ich nicht gerechnet hatte, trat ein: Noch bevor wir im Wasser waren, meldete sich meine Höhenangst lautstark zu Wort und pöbelte rum. Das Gefühl, nach unten gezogen zu werden, wurde durch die schwere Ausrüstung noch verstärkt. Und dann sollte ich tatsächlich mit einem großen Schritt reinspringen. Das ließ mich endgültig verkrampfen, denn das letzte, was jemand, der einen akuten Höhenangst-Anfall hat, möchte, ist springen! Genau davor hat man ja Angst.

Wenn ich jetzt versuche, mir ins Gedächtnis zu rufen, was genau der Tauchlehrer und / oder Annette mir in der Situation zuriefen – das gelingt mir nicht. Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur, dass irgendwann der Gedanke die Oberhand gewann, dass es jetzt weitergehen musste. Außerdem würde die mich von hinten bestimmt schubsen, wenn ich nicht bald freiwillig reingehe. Und das wollte ich auf keinen Fall. Wenn schon, dann von selbst!

Also dann! Tarierweste aufgepumpt, Regulator in den Mund, Regulator und Maske festhalten, uuuuund…

…ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer Schritt für mich.

Meine Befürchtungen, wie ein Meteorit auf dem Deck der Ghiannis D. aufzuschlagen, bewahrheiteten sich nicht. Meine Tarierweste trug mich. Endlich war ich drin. Mir war auch schon warm geworden, so im Neopren in der prallen Sonne. Nun, unserem eigentlichen Tauchgang stand nichts mehr im Weg.

* Für die Nichtkenner: Als „Oktopus“ wird der Ersatzregulator bezeichnet, der im Notfall für den Partner gedacht ist, wenn diesem die Luft ausgeht. Auf dem Bild oben ist der Oktopus der Regulator mit dem gelben Schlauch, der ganz nach unten hängt.

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