Zwischen den Buhnen bei Büsum haben die Gezeiten Eisgries zusammengeschoben – ein arktischer Eindruck und eine ästhetische Reduktion auf Schwarz und Weiß. Unter dem Winterhimmel breitet sich das Dithmarscher Watt aus, scheinbar noch leerer und einsamer als im Sommer. Ein paar vermummte Gestalten sammeln sich um den Gefrierpunkt nahe Stinteck, nördlich von Büsum. An der Nordsee; wundersam winterlich.
Ein Mann im roten Anorak steht dort, das Sprechfunkgerät schon in der Hand. Es ist Wattführer Johann-Peter „Jan“ Franzen und wer ihn von seinen großen, abenteuerlichen Wattwanderungen im Sommer kennt, weiß dass er das jetzt und hier durchaus ernst meint: „Klar Leute, wir gehen erstmal los! Warm genug angezogen seid ihr sicherlich.“ Jan Franzen sucht einen Einstieg in das Watt, ein großer Priel liegt direkt vor der Küste, da muss die Gruppe durch.
Die Thermo-Gummistiefel reichen bis fast an die Knie und das ist genug für die trockene Passage. Nun steht einer winterlichen Wattwanderung nichts mehr im Wege – und wenn die Wolken noch aufreißen und die Sonne in diese Märchenwelt aus Eis und Wasser greift, dann kann es magisch werden. Wattwanderungen im Winter sind ein einzigartiges Erlebnis. Jan Franzen spricht ins Funkgerät, in das Mobiltelefon, meldet die Gruppe zur Sicherheit bei den Seenotrettern ab, marschiert voran ins Nirgendwo. Ins Dithmarscher Eismeer.
Warum eigentlich ausgerechnet im Winter ins Watt? „Das ist ein besonderes Erlebnis – die Luft ist rein und klar, die Farben des Himmels sind bei entsprechendem Wetter intensiv und malerisch schön wie sonst selten gesehen“, sagt Jan Franzen. Eine Wattwanderung – drei, vier Stunden lang zumal und hinaus zu den großen Prielen, den „Flüssen“ auf dem Meeresboden – ist ein wunderbares Erlebnis, im Winter ist es zudem sehr exklusiv. Nur einer Hand voll Menschen ist es vergönnt, im Winter einen Blick in diesen großen, weiten Raum zu werfen und ganz tief durchzuatmen.
„Bei entsprechender Witterung ist die Luft im Winter besonders klar und Du hast das Gefühl, in einer unendlichen Leere unterwegs zu sein. Auch das Licht ist anders, es scheint zu strömen und zu fluten – phantastisch!“ Der Nationalpark-Wattführer ist hier im Januar nicht zum ersten Mal unterwegs. Heute lässt der eisige Nieselnebel alles wie in Watte gepackt und seltsam aufgelöst erscheinen – dass der Bezug zur Küste verloren gegangen ist; ein schaurig, schönes Gefühl. Es ist ganz weit weg vom Rest der Welt. Und das Marschieren an der Prielkante ein echtes Abenteuer – kommen wir da durch? Wie weit kommen wir überhaupt? Das Ungewisse, das macht es spannend.
Und die Atmosphäre ist anders als im Sommer – frischer und klarer. Leichter und, um es zu wiederholen, zum ganz tiefen Durchatmen. Bei starkem Eisgang können Ebbe und Flut Eisschollen zusammenschieben und eine arktische Kulisse zaubern, „…ein solcher ,Eis-Gang´ ist sicher nicht in jedem Jahr möglich…“ (Franzen), aber auch mit dem Schneegries ein außergewöhnliches Erlebnis.
Der Kompass führt Jan Franzen sicher und weiter hinaus, tiefer hinein in diese wundersame Welt – Scholl-Loch, Ossengot, Norderpiep heißen die Priele. Wir queren einen kleinen, seichten Wasserlauf und stehen auf einer flachen Sandbank. Seltsam verloren und in prickelnder Frische, doch gut aufgehoben in Gore-Tex und der Gesellschaft eines Wattexperten mit mehr als dreißigjähriger Erfahrung. Und allerhand Geschichten dazu.
Es geht zurück durch knietiefen Eisgries und es sieht aus wie eine irre Illusion. Ist aber echt und anstrengend. „Gleich ist es geschafft Leute. Und dann fahren wir zu Bärbel ins Gasthaus – dort wartet schon Grünkohl mit Kassler, Kochwurst und karamellisierten Kartoffeln. Und einem warmen Ofen. Das haben wir uns doch wohl verdient! Oder?“
Tipps, Termine für Winterwanderungen und Hotelangebote für einen abwechslungsreichen Winterurlaub an der Nordsee-Schleswig-Holstein finden sich unter www.nordseetourismus.de/winterangebote sowie in der neuen Broschüre „nordsee Winterfrische“, die kostenlos über www.nordseetourismus.de oder über die Tel. 04841 89750 bestellt werden kann.
Quelle: Nordseetourismus
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