Heute möchte ich keinen Vortrag über die Bauweise, Funktion oder etwagige Gefahren eines Trockentauchanzuges referieren, sondern über unsere Entscheidungsfindung zu unseren Anzügen.
Thorsten und ich hatten nach unserem Ägypten Urlaub beschlossen, den Rescue Diver so bald wie möglich in Angriff zu nehmen. Vorteil ist, dass wir einen großen Teil der Übungen auch im Schwimmbad absolvieren konnten, das kam uns gelegen, denn eigentlich hatten wir vor, das Thema Trockentauchen auf das kommende Jahr zu verschieben.
Aber – wie der ein oder andere Leser es vielleicht schon bemerkt haben dürfte… es kommt bei uns doch immer anders als wir es eigentlich geplant haben.
Und so auch hier. In der theoretischen Vorbesprechung einigten wir uns darauf, im April 2010 ins Freiwasser nach Horka zu gehen, um dort den Kurs zum Abschluss zu bringen, mit den noch fehlenden Skills und der Prüfung. Wir bildeten uns ein, dass es im April schon wieder möglich war, im Nassanzug tauchen zu gehen.
Trotzdem überlegten wir, ob wir nicht doch schon mal Ausschau nach einem Trocki halten sollten. Dabei kam uns eins zu Gute: Unser Tauchlehrer verfügt über einen Freund, der hin und wieder günstige Angebote für Trockis bekommt. Da wir es ja nicht eilig hatten, nahmen wir uns einen Tag vor Silvester vor, dem Herrn mal einen Besuch abzustatten, uns kundig zu machen und ihm den Auftrag zu erteilen, die Augen für uns offen zu halten.
Der Taucher, der sich zum ersten Mal mit dem Gedanken trägt, einen Trockentauchanzug anzuschaffen, sieht sich im allgemeinen mehreren Problemen gegenüber gestellt.
1. Der Trockentauchanzug ist eine teure Angelegenheit.
2. Welche ART nimmt man denn am Besten? Es gibt grob gesagt zwei Ausführungen: Crash Neopren und Trilaminat/Cordura.
3. Reißverschluss auf dem Rücken oder eher Frontreißverschluss?
Das sind nur drei kleinere Probleme. Das eigentliche Problem liegt hier: Wenn man vernünftigerweise beschließt, auch noch einen Trockentauchanzuglehrgang zu belegen, dann steht bei den meisten Tauchschulen: Kurs im EIGENEN Anzug. Aber wie soll man sich denn für einen entscheiden, wenn man ihn nicht ausprobieren kann? Denn hier liegt das nächste Problem: Die allermeisten Menschen werden nicht in einen Anzug „von der Stange“ passen. Irgendetwas muss meistens geändert werden, entweder sind die Halsmanschetten zu eng oder zu weit oder die Stiefel haben nicht die richtige Größe. Das erklärt vermutlich auch, warum Tauchschulen selber keine große „Leihausrüstung“ haben… das A und O des Trockis ist der richtige Sitz!
Von diesen und ähnlichen Sorgen geplagt machten sich Thorsten und ich also vor Silvester auf, um dem kleinen Laden einen Besuch abzustatten. Da der Besitzer des Ladens auch noch Neoprenschneider ist, brachten wir auch gleich noch was zum Reparieren mit.
Wir wurden sehr herzlich empfangen. Nachdem wir unsere Sachen zur Reparatur abgegeben hatten weihten wir den Besitzer in unser Anliegen ein. Leider konnte er uns aber auch nicht sagen, ob Crash Neopren oder Trilaminat, er meinte, das sei Geschmackssache. Crash Neopren hat natürlich den Vorteil, dass es besser isoliert gegen die Kälte als Trilaminat… dafür hat der Anzug aber mehr Auftrieb. Trilaminat erlaubt mehr Bewegunsfreiheit, doch man braucht dickere Unterzieher, die einen auch wieder einschränken können.
Da war guter Rat teuer. Ich entschied mich, aus meinem Bauchgefühl zu entscheiden. Zufällig hatte der Besitzer einen Trocki in meiner Größe da, Crash Neopren. Ich zog ihn also an. Zuerst einmal fiel mir auf, dass es mich enorme Kraft kostete, den Anzug überhaupt hochzuziehen. Abgesehen davon, dass die Halsmanschette derart eng war, dass ich befürchten musste, stranguliert zu werden, passte mir der Anzug vom Prinzip her schon. Er hatte einen Rückenreißverschluss. Doch was war das? Als der Reißverschluss zugezogen wurde hatte ich plötzlich den Eindruck, dass es mir beidseitig die Arme von selber in Waagerechte zog, so wie der Reißverschluß am Rücken waagerecht verläuft. Das paßte mir nicht. Ich kam mir vor wie in einem Uboot.
Ich zog einen Trilaminat an. Der war mir zwar ein paar Nummern zu groß, aber schon beim Anziehen hatte ich ein besseres Gefühl. Wenn man in dem Anzug steckt, dann fühlte sich das gut an. Wie gesagt, er war natürlich zu groß, und das machte den Einstieg einfach, aber ich konnte sofort bestätigen, dass die Bewegungsfreiheit besser war.
Für mich war die Entscheidung hiermit gefallen. Ich wollte einen Trilaminat. Ich sagte dem Besitzer Bescheid, Thorsten hatte bis dahin nur den Trilaminat probiert (der Neopren war zu klein), und enthielt sich vorerst mal.
Aber wir hätten ja noch genug Zeit… dachten wir jedenfalls.
Der Rescue Diver ging zügig voran, und siehe da, der April kam immer näher. In Deutschland war es immer noch schmuddelig, kalt, es schneite sogar noch.
Thorsten: Ja, auf der Webseite vom Tauchsee Horka wurde sogar erst kurz vor Ostern jubelnd verkündet, dass der See „JETZT“ endlich eisfrei sei. Und das Prädikat „eisfrei“ sagte ja lediglich aus, dass es nicht mehr kalt genug war zum Gefrieren. Trotzdem war das Wasser mit Sicherheit immer noch ARSCHKALT!
So langsam kamen uns die Bedenken, was das Nasstauchen in Horka anging. Ein Tauchgang wäre möglich, aber 2 oder gar 3 am Tag? Nie im Leben würden wir es schaffen, in die eiskalten, nicht trocken gewordenen Anzüge zu steigen!
Da fällt mir immer wieder der eine Divemaster aus Ägypten ein, der bei 30 ° Luft- und 25 ° Wassertemperatur im Roten Meer beim täglichen zweiten Tauchgang beim Anziehen des Neos immer jammerte, das sei ja sooooooooo kalt. Junge, komm mal nach Deutschland – DAS ist KALT!
Eben! Alles Softeggs in Ägypten!
Ich unterhielt mich mit Thorsten. Leider hatte sich der Neoprenschneider noch nicht gemeldet, offenbar hatte er gerade nichts Günstiges da. Verflixt. Dabei hatten wir den Anzug so nötig. Je näher der Zeitpunkt der Abreise kam, desto schwärzer sahen wir. Schließlich einigten wir uns darauf, einem Tauchshop in der Nähe einen Besuch abzustatten, der von sich behauptete, Trockis zu verleihen. Mit ein klein bisschen Glück könnte uns ein Anzug irgendwie passen, Hauptsache Horka war gerettet.
Das Glück hat uns in dem Punkt allerdings sehr schnell verlassen – der Laden, der sich sogar als „Trockentauchcenter“ bezeichnet hatte, schien auf einmal nicht mehr zu existieren. Damit war guter Rat teuer.
Und dann kam es wieder. Das sprichwörtliche Glück.
Zwei Wochen bevor wir abreisen sollten, rief unser Neoprenschneider an. Er hätte Anzüge zum Probieren da. Innerhalb kürzester Zeit rasten Thorsten und ich förmlich zu ihm. Unterwegs berichtete mir Thorsten, dass es sich allerdings um Crash Neopren Anzüge handeln würde. Das trübte meine Hochstimmung zwar etwas, aber ich dachte mir – ehrlich gesagt – scheißegal. Hauptsache, Horka findet statt.
Wir betraten die Schneiderei. Und – bevor unser Schneider überhaupt etwas sagen konnte, fiel mein Blick auf einen Karton. Da lag er. MEIN Trocki. Davon war ich überzeugt. Ein abschätzender Blick sagte mir: Der passt. Und: Es war ein TRILAMINAT. Ich griff zu dem Trocki und stieg hinein. Er passte. Gut – die Manschette am Hals war zu eng, aber das ließ sich sicher machen. Ich war so glücklich, dass ich sofort rausposaunte: DEN nehm ich.
Der Neoschneider wollte mir ihn aber nicht verkaufen. Dreimal musste er meinen Redeschwall unterbrechen, um mir klarzumachen, dass genau DIESER Trocki leider schon verkauft war. Aber er könne mir genau so einen bestellen, das sei kein Problem. Ich war erleichtert. Wir suchten die passende Halsmanschette für mich heraus, und mir fiel ein Stein vom Herzen. Horka war gerettet, und zwar auf die beste Art und Weise, die man nur träumen konnte.
Toll. Hurra. Frenetischer Jubel der Menge. Aber hast Du nicht in Deiner adrenalingeschwängerten Euphorie irgendwas vergessen? Oder irgendwen?
Thorsten, von mir komplett überfahren (ein Hoch auf seine Geduld), erinnerte zaghaft daran, dass ER noch keinen Trocki hatte. Also schlüpfte er ebenfalls in den Trilaminat, und auch ihm passte er perfekt. Gut, die Halsmanschette, das scheint wohl so zu sein, dass die gerne mal zu eng ist, aber er hatte noch das Problem, dass er auf zu großem Fuße lebt. Zu deutsch: Er brauchte noch andere Stiefel an den Anzug.
Da unser Verkäufer aber wie gesagt auch Neoprenschneider ist, war das nun das geringste Problem. Er verprach uns, noch die entsprechenden Unterzieher zu bestellen, und zwei gut gelaunte Kunden verließen strahlend den Laden.
Und hier ist unser „Prachtstück“ (ohne Schleichwerbung zu machen….)
Im nächsten Artikel: War es wirklich die richtige Entscheidung, den Trilaminat zu kaufen? Die ersten Taucherfahrungen im Trocki…. bleiben Sie dran!
Bleiben Sie dran, ich pfeif‘ auf Sie!
THORSTEN!!!
Was’n?
REISS DICH ZUSAMMEN!
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