Wir hatten also den Plan geschmiedet. Der OWD („Open Water Diver“). Für diese Entscheidung brauchte ich sicher nicht lange. Ich hatte bereits vor Monaten „Blut geleckt“ und war mir zu dem Zeitpunkt auch durchaus schon bewußt, in welche Richtung mich meine Taucherkarriere eines Tages mal bringen wird. Und so buchten wir gedanklich einfach um, statt den OWD in Ägypten fertig zu machen würden wir eben dort dann den AOWD machen.

Bei Thorsten musste ich auch nicht lange Überzeugungsarbeit leisten. Im Gegenteil. Jetzt wurde es spannend. Jeder kruschtelte sein OWD Buch hervor und las auf Teufel komm raus. Unser neuer TL sollte sich telefonisch melden, und es dauerte nicht lange, da tat er das auch. Und wir vereinbarten einen Termin für den noch fehlenden Schwimmbadtauchgang in Lauchringen.

Thorsten: So, heute mal umgekehrt, Annette erzählt, ich kommentiere. Und sie musste wirklich keine Überzeugungsarbeit leisten. Im Gegenteil, sie rannte offene Türen ein. Das ist uns nun schon mehr als einmal passiert. Irgendwie scheint es keinen Sinn zu haben, auf lange Sicht zu planen, wir schmeißen sowieso wieder alles über den Haufen. Das Telefonat mit dem neuen TL hatte eine sehr nette Komponente, aber davon wird Annette noch berichten.

Nun passierte aber Folgendes: Eine Woche, bevor wir den OWD-Schwimmbadtauchgang machen sollten, waren wir nochmals mit Thorstens Kollege Martin  tauchen. Bei diesem Tauchgang stellte ich fest, dass irgendwo an meinem Inflatorschlauch eine Undichtigkeit sein musste… kleine Luftbläschen waren zu sehen. Martin riet mir, den Schlauch zur Revision zu bringen. Gut und schön. Leider… leider hatte ich das Jacket in München gekauft, und das war jetzt nicht so einfach, „kurz mal den Schlauch zur Revision“ zu bringen.

Ergo tyrannisierte ich den Besitzer des Tauchgeschäftes mit diversen eMails sowie Telefonanrufen und ich schickte ihm den Schlauch per Eilpaket. Er versprach mir, dass der Schlauch rechtzeitig wieder da sein sollte, war er aber leider nicht. So musste unser neuer TL ein Jacket für mich mitbringen. Das bereitete mir etwas Magenschmerzen. Ich hab zwar noch nicht viele Tauchgänge, aber ich hatte bereits mein Jacket lieb gewonnen und wollte nur ungern drauf verzichten.

Heulen und Zähneklappern half nichts, der Schlauch war nicht da, und insofern musste ich mich ohne mein geliebtes Jacket auf den Weg machen. Wir sollten unseren TL vor dem Schwimmbad treffen. Den Weg schätzen wir länger ein, als er war, denn wir kamen eine glatte halbe Stunde zu früh an. Nun, was jetzt tun? Wir kurvten auf dem Parkplatz herum, zum draußen hinsetzten eigenete sich das Wetter nicht, also überlegten wir, ob wir noch schnell in der Wirtschaft um die Ecke was trinken sollten. Die hatte aber zu.

So saßen wir im Auto. Nun ja. Ich machte dann den Vorschlag, vielleicht einfach mal zum Eingang zu gehen um zu schauen, wo der überhaupt ist. Wir liefen also auf den Eingang zu, da stand er. Unser Majki. 🙂 Unser TL (und seine Tauchschule mit einem Klick hier oder in der Linkliste an der Seite). Vom Sehen kannte ich ihn zumindest schon, ob er sich an uns erinnerte war ich mir nicht sicher, deshalb winkte ich ihm erst mal zu. Er winkte zurück, die erste Hürde war erfolgreich überwunden. Innerlich grinste ich. War ja wieder mal typisch. Wären wir doch glatt eine halbe Stunde im Auto gesessen und der arme Majki eine halbe Stunde vor dem Eingang gestanden.

Hier möchte ich an der Stelle noch etwas loswerden. Zumindest von meiner Seite aus war es Sympathie auf den ersten Blick. Und darüber war ich froh. Sehr sogar. Wenn man in einer solchen Sportart unterrichtet wird, ist es ungemein wichtig, dass man Vertrauen zu seinem Lehrer hat. Und Vertrauen hat auch was mit Sympathie zu tun. Ich sah ihn und ahnte, dass ich mich unter Wasser wohl fühlen würde.

So lasset mich denn der schönen Sitte pflegen, der Dame nach dem Mund zu reden… Nein, im Ernst, ich kann da nur zustimmen. Und ich bin dankbar, dass Annette unseren TL auf die Entfernung erkannt hat. Ich habe beim Tauchen meine Kontaktlinsen nicht drin und zu dem Zeitpunkt auch keine Brille auf. Ich sah nur, dass da jemand stand – aber das hätte jeder sein können.

Nur zur Information: Es gibt für solche Fälle gelbe Binden für den Arm, da sind 3 große schwarze Punkte drauf…

Hach, ist sie nicht lieb?… Ja, sie ist NICHT LIEB! Immerhin sehe ich dafür unter Wasser umso besser. Hätte mir noch ein Hinweis sein sollen, das Tauchen früher anzufangen.

Nach einem kleinen „Kennenlernen“ besprachen wir das weitere Vorgehen. Sehr angenehm war die Tatsache, dass man uns anbot, bei Unsicherheiten unbegrenzt im Freibad üben zu können, ohne dass man etwas dazu zahlen müsse. Das bestätigte unseren ersten Eindruck, nämlich dass es Majki wirklich dran gelegen war, dass wir unsere Technik beherrschen, und dass er uns nicht „einfach so durchpauken“ wollte. Und: Majki läutete eine NEUE Ära ein: Wir waren es bisher gewohnt, gefragt zu werden: „Habt Ihr…“ und wir mussten antworten: „Nein, haben wir nicht“. Nun kam die Ära: „Ach, habt Ihr schon… wieso das, hey! Ihr seid doch Schüler!“

Das war die nette Komponente im Telefonat, die ich oben meinte. Majki wollte nämlich eigentlich, dass ich ihm noch unsere Konfektionsgrößen durchgebe, damit er uns die Ausrüstung mitbringen kann. Ich habe mich fast dafür entschuldigt, dass er das nicht braucht. Ja, wir sind eben sehr strebsame Schüler. Wir stecken unsere Nasen nicht nur in Bücher, wir sind auch praktisch veranlagt.

Dann ging das große Umziehen los. Leider hatte mich Majki etwas überschätzt, was die Größen anging. Das Jacket, das er mir mitgebracht hatte, war deutlich zu groß. Aber ich bin es ja gewohnt. In Ägypten steckte man mich in einen Anzug, der drei Nummern größer war als der von Thorsten, dabei sind wir ungefähr gleich groß und ich war zu dem Zeitpunkt knapp 10 kg leichter als er. Hier stellt man sich natürlich die Frage, wie wirkt man und wie will man wirken. Aber das ist ein anderes Thema.

Und los gings zum Pool. Majki machte uns nochmal den Einstieg vor, der große Schritt. Ich folgte ihm gleich, aber seltsamerweise kann ich einfach nicht nur einen Schritt machen, ich muss immer dabei hüpfen. Das war in Ägypten beim Tauchboot auch schon so. Der Himmel weiß wieso. Vermutlich bin ich so beschwingt. 🙂 Selbst PPB (Plattform Problem oder auch Panic Buddy) Thorsten kam ziemlich schnell hinterher.

Ja, und keiner hat mich beachtet… zum Glück! So hat nämlich auch keiner gesehen, dass es mich fast auf die Schnauze geschlagen hat. Als ich meinen großen Schritt machte, rutschte ich nämlich mit dem einen Fuß am Beckenrand ab und anstatt senkrecht bin ich mehr schräg eingetaucht. Zum Glück ist es nur Wasser. Nein, mir ging es gut, danke der Nachfrage! Aber irgendwas muss wohl immer sein.

Wirklich? Also ich fasse es nicht. Hast du mir gar nicht erzählt! Insofern wäre Flossen-Hürdenlauf auch nicht der richtige Sport für dich! Aber gut. Machen wir weiter:

Dann übten wir den 5-Punkte-Abstieg. Ich warf einen Blick ins Becken. Oh weh. Ich ahnte es schon. Ein mulmiges Gefühl stieg in mir auf. Ich befürchtete, dass es mir im Schwimmbad schlecht werden würde. Das Problem hatte ich in München bei den Divers ja schon gehabt. Die Kacheln, das Wasser, die Vergrößerung… ich hoffte, dass mir das jetzt nicht wieder passieren würde.

Unter Wasser begannen wir mit den Übungen. Sie klappten eigentlich problemlos. Und für unseren Geschmack schon wieder zu gut. Was uns allerdings noch Schwierigkeiten machte waren die Tarierübungen. Pivotieren, also auf den Flossenspitzen zu balancieren, ging bei mir fast gar nicht. Gut, das Jacket war viel zu groß und die Flasche schwankte hin un her, das mag schon ein Grund gewesen sein, aber ich bekam noch nicht einmal die Flossen auf den Grund. Thorsten hatte ähnliche Schwierigkeiten. Das Hovern (der „Fernsehsessel“) ging auch nicht besser. Damit hatten wir in München auch schon schlechte Erfahrungen gemacht, da wollte es auch nicht klappen. Trotz der Beteuerungen, dass das mit der Zeit noch käme, ärgerte es mich doch schon ein bisschen. Ich hatte da wohl etwas mehr von mir erwartet.

Zur Erklärung für die, die’s möglicherweise nicht wissen: der „Fernsehsessel“ ist eine Übung, bei der der Taucher im Wasser schwebt, und zwar so, als würde er in einem Sessel sitzen. Ich hab ihn auch nicht hingekriegt, was primär daran lag, dass ich es nicht versucht habe. Mir war nicht klar, dass der „Sessel“ gefragt war. Mir sagt ja keiner was.

Ich hatte dir beim letzten Mal ja schon angeboten, dir die Ohren zu putzen. Das Angebot steht noch. Ich bin entsetzt wie wenig du zuhörst! Könnte mir nicht passieren!

*Pruuuuuuust! Hust! Hust!… Musst Du sowas sagen, wenn ich gerade das Glas angesetzt habe? Jetzt habe ich mir die Nase mit Cola gespült… järgs… sehr angenehm. *Schneuz! „Könnte mir nicht passieren“ – und das sagt sie, ohne rot zu werden!

Ich weiß jetzt gar nicht, wovon du sprichst… aber falls es genehm ist können wir das Ohrenputzen gerne um eine professionelle Nasenspülung erweitern…

Zwischenrein schwammen wir noch ein paar Runden, was auch gut klappte, wenn ich Thorsten nicht ständig abgedrängt hätte. Ich bin eben ein sehr einnehmendes Wesen 🙂 Wechselatmungsübungen, Schwimmen ohne Brille, diese Dinge bereiteten uns erst mal keine Schwierigkeiten. Jacket an der Oberfläche an und ausziehen auch nicht, schließlich waren wir fertig.

Einnehmendes Wesen, oh ja. Dass Du so kuschelbedürftig bist, hätte ich jetzt auch nicht gedacht. Da ich „Außenbahn“ geschwommen bin, hatte ich also nicht nur die weitere Strecke zurückzulegen, sondern sah hin und wieder die Beckenwand bedrohlich nahe kommen. Von solchen Kleinigkeiten (hüstel) abgesehen, lief es aber ganz gut. Wir haben sogar in unseren Geheimzeichen kommuniziert.

(Das hast du völlig missverstanden. Ich hab dich absichtlich abgedrängt. Weil du so fies gelacht hast, als mich beim letzten Schluchseetauchgang der TLA in einen Torfberg abgedrängt hat aus dem ich fast nicht wieder rauskam. Ich hab das hier nur so formuliert, damit ich nicht als böse Hexe da stehe.)

(Ich soll gelacht haben? Du weißt doch, ich lache nie bei sowas, ich schmunzle höchstens. Und in Deinem ganz speziellen Fall habe ich eine altbekannte Weise vor mich hingeträllert… „Rut mit’n Torf – hau rinn und hol rut, dat matscht so schön und tut so gut…“*)

Da Majki Urlaub hatte, bot er uns an, wenn wir es für nötig halten würden, dann würde er gerne mit uns nochmal ins Bad gehen, aber wir fieberten natürlich dem Wochenende entgegen. Da sollten nämlich die Freiwassertauchgänge stattfinden, am Schluchsee, und die Prüfung geschrieben werden. Ich fürchte, wir haben dem Wochenende noch nie so entgegengefiebert wie da. Obwohl wir beide die Woche frei hatten, konnte sie nicht schnell genug um sein.

Mein Lehrbuch hat seit Ägypten schon leiden müssen, weil ich ständig drin gelesen habe. Aber in der Woche hat es besonders leiden müssen. Zurzeit steht es bei mir im Regal, immer griffbereit, falls ich was nachlesen möchte. Aber ich glaube, es zuckt schon zusammen, wenn ich mich nur dem Regal nähere. Es begleitete mich nämlich an viele Orte, wurde geöffnet, geknickt, durchgebogen, beschriftet… Und dann war es tatsächlich so weit. Der erste von unseren zwei Abschlusstagen vom OWD brach heran (hier heroische Fanfare denken). Unsere Tage als „Scuba Diver“ würden gezählt sein.

* = Torfrock: „Rut mit’n Torf“